Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit. Arbeitsablehnung. Vereitelung des Zustandekommens eines Arbeitsverhältnisses. mehrere Vermittlungsvorschläge. vergessene Bewerbung. besondere Härte

 

Orientierungssatz

Eine besondere Härte nach § 144 Abs 3 S 1 SGB 3 kann vorliegen, wenn dem Arbeitslosen vom Arbeitsamt zeitgleich mehrere Stellenangebote unterbreitet worden sind, er nach einer Vorauswahl zunächst die Bewerbung für ein Arbeitsangebot zurückgestellt und die zurückgestellte Bewerbung anschließend in nachvollziehbarer Weise vergessen hat.

 

Tatbestand

Der 1970 geborene Kläger wendet sich gegen die Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit von 12 Wochen sowie gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung und die Rückforderung erbrachter Leistungen.

Der Kläger war zuletzt bis 08.01.1998 als Staplerfahrer bei der Firma G. GmbH tätig. Das Arbeitsverhältnis wurde durch den Arbeitgeber am 07.01.1998 zum 08.01.1998 wegen unentschuldigten Fehlens des Klägers gekündigt. Am 04.11.1998 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt G. (AA) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Ihm wurde mit Bescheid vom 27.11.1998 Alg ab 04.11.1998 in Höhe von DM 231,49 wöchentlich bewilligt. Außerdem stellte das AA mit Bescheid vom 27.11.1998 eine Sperrzeit vom 09.01.1998 bis 02.04.1998 (12 Wochen) fest.

Am 04.11.1998 wurden dem Kläger gleichzeitig die Tätigkeiten bei den Firmen L. S. GmbH (als Lagermitarbeiter), S. T. GmbH, K. D. GmbH und R. u. S. GmbH angeboten. Der Kläger wurde über die Rechtsfolgen der Ablehnung des Arbeitsangebotes bzw. eines Nichtantretens der angebotenen Arbeitsstelle ohne wichtigen Grund (jedenfalls hinsichtlich des Angebotes bei der Firma L. S. GmbH) belehrt. Die L. S. GmbH teilte unter dem 19.11.1998 mit, der Kläger habe sich nicht gemeldet. Der Kläger gab hierzu am 01.12.1998 an, er habe vergessen, sich zu bewerben.

Mit - streitgegenständlichem - Bescheid vom 14.12.1998 stellte das AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 05.11.1998 bis 27.01.1999 (12 Wochen) sowie die Minderung der Anspruchsdauer um 84 Tage fest. Gleichzeitig wurde die Bewilligung der Leistung für die Zeit vom 05.11.1998 bis 30.11.1998 aufgehoben und vom Kläger Leistungen in Höhe von DM 859,82 zurückgefordert.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 05.01.1999 Widerspruch. Er trug zur Begründung vor, am Tag seiner Arbeitslosmeldung habe er vier Stellen angeboten bekommen. Bei 2 Firmen habe er sich telefonisch beworben, bei einer schriftlich. Die Stelle bei der L. habe er vorher beiseite gelegt, da sie auf vier Monate befristet gewesen sei. Er habe jedoch eine langfristige Stelle gesucht. Dies habe nicht bedeutet, dass er sich gar nicht dort habe bewerben wollen. Vielmehr sei er mit den anderen Stellenangeboten beschäftigt gewesen, so dass er diese Stelle einfach vergessen habe. Er habe sich auch selbstständig mit Hilfe des Computers um Stellenangebote bemüht und sich bei weiteren Firmen beworben. Er sei jedoch erfolglos geblieben. Später habe er weitere Stellenangebote vom AA per Post erhalten. Am 18.12.1998 habe er bei der Firma L. einen Tag zur Probe gearbeitet. Seit dem 22.12.1998 arbeite er bei der Firma B. zur Probe. Hätte er kein wirkliches Interesse an der Vermittlung einer Arbeitsstelle gehabt, hätte er einen plausiblen Vorwand gehabt, um dem aus dem Wege zu gehen. Ihm werde fälschlicherweise vorgeworfen, kein wirkliches Interesse an einem Job gehabt zu haben, bloß weil er sich aus gutem Grund bei einer Stelle nicht beworben habe. Dies sei nicht fair. Zum anderen habe er lange Zeit immer wieder versucht, ohne die Leistungen des Arbeitsamtes durchzukommen. Er hätte schon viel eher sein Recht auf Alg geltend machen können. Er habe zum ersten Mal in seinem Leben Alg bezogen, das jetzt wieder zurückgefordert werde. Da er durch sein Verhalten (er habe es aus den erwähnten Gründen vergessen) das Zustandekommen des befristeten Beschäftigungsverhältnisses bei der L. verhindert worden sei, sei er mit einer Sperrzeit von sechs Wochen einverstanden. Eine zwölfwöchige Sperrzeit bedeute für ihn eine unbillige Härte, da sämtliche Haushaltskosten einschließlich der Miete usw. auf seiner Frau lasteten und zum anderen die angebotene Arbeit auf vier Monate befristet gewesen sei. Er sei nicht bereit, den Überzahlungsbetrag in Höhe von ca. 890,00 DM zurückzuzahlen.

Mit Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle des AA vom 06.08.1999 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses vereitelt. Der Kläger habe nach seinen Angaben vier Stellenangebote vom AA erhalten, sich aber zunächst nur um drei Stellenangebote bemüht. Das vierte Angebot habe er während seiner Bemühungen vergessen. Er habe zumindest fahrlässig gehandelt. Der Kläger habe somit unter Verletzung seiner Sorgfaltspflicht die ihm angebotene Beschäftigung nicht angenommen bzw. nicht angetreten. Ein wichtiger Grund sei nicht erkennbar. Die Voraussetzungen für...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge