Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsunfähigkeitsrente. Hinzuverdienst. Arbeitslosengeld. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Die Regelung des § 96a Abs 3 S 3 SGB 6 idF des RRG 1999 vom 16.12.1997, wonach als Hinzuverdienst das einer Sozialleistung (hier: Arbeitslosengeld) zugrundeliegende monatliche Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu berücksichtigen ist, verstößt nicht gegen das GG.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bzw. in welcher Höhe bei der Berechnung der der Klägerin zustehenden Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) ein Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist.
Die ... 1947 geborene Klägerin, die zuletzt als Krankenpflegehelferin beschäftigt war, beantragte am 02. Mai 1997 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU). Nachdem die Beklagte diesen Antrag abgelehnt hatte, schlossen die Beteiligten im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Freiburg (S 9 RA 3619/97) einen Vergleich dahingehend, dass die Beklagte der Klägerin beginnend mit dem 01. Januar 1999 eine Rente wegen BU gewährt; im Übrigen nahm die Klägerin die Klage zurück.
In Ausführung dieses Vergleichs gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 12. August 1999 unter Berücksichtigung des Beitragsanteils der Klägerin zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01. Oktober 1999 eine laufende monatliche Rente in Höhe von 375,75 DM. Für die Vergangenheit ermittelte sie für die Monate Januar, Februar und Juni 1999 einen Zahlbetrag in Höhe von jeweils 369,78 DM monatlich und für die Monate Juli bis September einen entsprechenden Betrag von 375,75 DM. Die Beklagte ging dabei unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenze des § 96a Abs. 2 Nr. 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1824) davon aus, dass die BU-Rente für die Monate Januar und Februar sowie ab dem Monat Juni 1999 lediglich in Höhe von einem Drittel zu gewähren ist und für die Monate März bis Mai 1999 vollständig entfällt. Dabei berücksichtigte sie das von der Klägerin vom Arbeitsamts (AA) F bezogene Arbeitslosengeld (Alg) und rechnete als Hinzuverdienst das dieser Leistung seit 01. Januar 1999 zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt von 3.900,-- DM (Auskunft des AA F vom 26. März 1999) an sowie darüber hinaus das in den Monaten März bis Mai 1999 zusätzlich im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses bezogene Einkommen von monatlich 595,-- DM.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, gemäß § 300 Abs. 2 SGB VI sei noch die vor Inkrafttreten des § 96a SGB VI gültig gewesene Anrechnungsvorschrift des § 95 SGB VI anwendbar, weshalb festzustellen sei, nach welchen Vorschriften das AA Alg gewährt habe. Ungeachtet dessen sei die angewendete Regelung des § 96a Abs. 3 SGB VI jedoch verfassungswidrig, weil für die Einkommensanrechnung das der Sozialleistung zugrunde liegende Bemessungsentgelt herangezogen werde, nicht aber die Höhe der tatsächlich erzielten Sozialleistung. Damit werde auf die Rente etwas angerechnet, was tatsächlich nicht bezogen werde. Dies stelle einen unzulässigen Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Anwartschaftsrecht dar. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2000 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. § 96a SGB VI sei durch das Rentenreformgesetz 1999 mit Wirkung ab 01. Januar 1999 für Renten mit Rentenbeginn ab 01. Januar 1999 um die Absätze 3 und 4 ergänzt worden. Gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI finde diese Vorschrift Anwendung, da Rentenbeginn der 01. Januar 1999 sei. Für die Höhe des Hinzuverdienstes sei im Übrigen nicht die Sozialleistung selbst, sondern das dieser Leistung zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt maßgebend.
Hiergegen erhob die Klägerin beim SG Freiburg Klage. Sie vertrat weiterhin der Auffassung, dass für die Berechnung ihrer BU-Rente im Hinblick auf § 300 Abs. 2 SGB VI noch die Regelung des § 95 SGB VI (a.F.) anzuwenden sei. Hilfsweise machte sie geltend, § 96a Abs. 3 SGB VI sei verfassungswidrig. Art. 3 des Grundgesetzes (GG) sei deshalb verletzt, weil Bezieher von Alg anders behandelt würden als Bezieher von Arbeitsentgelt. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb der sozial Schwächere dadurch noch schwächer gestellt werde, dass im Rahmen einer Fiktion weiterhin auf sein Bruttoentgelt als Einkommen abgestellt werde. In der gesetzlich normierten Einkommensanrechnung liege im Sinne des Art. 14 GG auch ein enteignungsgleicher Eingriff, da man ihr einen maßgeblichen Rentenbetrag, der durch Beiträge erwirtschaftet worden sei, nehme, ohne dass tatsächlich ein entsprechendes Einkommen hierfür zur Verfügung stehe. Ferner sei das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 GG verletzt, weil die Ungleichbehandlung eines BU-Rentners, der Entgelt beziehe, im Verhältnis zu einem entsprechenden Rentner, der lediglich Alg beziehe, nicht sozialstaatlich ...