Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. selbst genutztes Hausgrundstück. keine Berücksichtigung von Verzugszinsen nach Kündigung des Darlehensvertrages
Leitsatz (amtlich)
Sind die zur Finanzierung des Eigenheims abgeschlossenen Darlehensverträge durch den Darlehensgeber gekündigt worden, stellt der vom Darlehensgeber geltend gemachte Verzugsschadensersatz keine tatsächliche Aufwendung für die Unterkunft iSd § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 dar.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft (KdU) für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2010, weil der Beklagte auch für die Verzugszinsen aufkommen müsse, die für den von der D. Bank gekündigten Immobilienkredit angefallen sind.
Der 1950 geborene Kläger zu 1. lebte bis Ende Februar 2011 zusammen mit seiner 1953 geborenen Ehefrau (Klägerin zu 2.), seiner am 1994 geborenen Tochter (Klägerin zu 3.) und seinem am 1986 geborenen Sohn (Kläger zu 4.) in einer Doppelhaushälfte in D., die jeweils zur Hälfte im Eigentum des Klägers zu 1. und der Klägerin zu 2. stand. Die zur Finanzierung des Eigenheims vom Kläger zu 1. abgeschlossenen Darlehensverträge in Höhe von 340 000 € waren bereits vor der erstmaligen Antragstellung auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; am 22. Januar 2009) durch die kreditgebende D. Bank gekündigt worden (Kündigung vom 20. November 2007); die D. Bank machte neben der Rückzahlung aller sofort fällig gestellten Hauptforderungen in Höhe von 335 469,43 € (s. Kündigung vom 20. November 2007) Verzugsschadensersatz geltend (s. Blatt 41 ff. der Senatsakten).
Im Mai 2010 beantragten die Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen über Juni 2010 hinaus. Im Antrag gaben sie Schuldzinsen in Höhe von 1.223,33 € (Stand 2006) an. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 20. Mai 2010 für Juli bis Dezember 2010 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich drei mal 52,23 € (Gas 135,00 € monatlich, Wasser/Abwasser 64,00 € monatlich und Grundsteuer 31,92 € monatlich abzüglich eines Pauschbetrages in Höhe von 22,00 € für die Warmwassererwärmung geteilt durch vier Personen). Bereits mit Bescheid vom 19. Februar 2010 übernahm der Beklagte den gesamten Beitrag für die Immobilienversicherung bei der A. Versicherungs-Aktiengesellschaft für das Jahr 2010 und mit Bescheid vom 3. März 2010 die Abfallgebühren für das Jahr 2010. Mit Bescheid vom 25. Mai 2010 erstattete der Beklagte Kosten für die Heizungswartung in voller Höhe und mit Bescheid vom 28. Juni 2010 die gesamten Kosten für den Schornsteinfeger. Ebenso übernahm der Beklagte mit Bescheid vom 10. Februar 2011 die vollen Kosten für das von Oktober bis Dezember 2010 angeschaffte Brennholz.
Mit Schreiben vom 24. Mai 2010 erhoben die Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Mai 2010, mit dem sie u.a. Kosten für die Unterkunft geltend machten. Diesbezüglich verwiesen sie auf eine Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG; S 20 AS 1100/10), mit der sie ebenfalls die Verzugszinsen als Kosten der Unterkunft geltend machten. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2010 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehöre der Kläger Ziff. 4., weil er durch sein Einkommen (Ausbildungsvergütung 450 € monatlich, wovon 187,85 € anzurechnen seien, und 184 € Kindergeld) seinen Bedarf (287 € Regelleistung und 52,23 € Kosten der Unterkunft und Heizung) decken könne. Die Kosten der Unterkunft seien mit 208,92 € zutreffend berechnet. Die zusätzlich geltend gemachten Verzugszinsen seien keine Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II. Die Kosten seien zu gleichen Teilen auf vier Personen zu verteilen, sodass auf jede Person ein Betrag von 52,23 € entfalle. Dies ergebe einen Leistungsbetrag in Höhe von 156,69 €.
Am 21. September 2010 haben die Kläger zum SG Klage erhoben (Eingang 21. September 2010). Die Eigenheimzulage 2010 werde aufgrund ihres Widerspruches nicht mehr als Einkommen angerechnet. Zwar seien im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des SG vom 26. Juli 2010, S 20 AS 3784/10 ER; Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 3. August 2010, L 7 AS 3572/10 ER-B) die Erstattung der Verzugszinsen abgelehnt worden; der Beklagte müsse aber KdU wie bei einem Mieter gewähren. Das Einkommen des Klägers Ziff. 4 sei nur in Höhe von 335,05 € anzurechnen. Mit Bescheid vom 1. September 2010 hat der Beklagte zum Bescheid vom 20. Mai 2010 einen Änderungsbescheid erlassen, mit dem das Nebeneinkommen der Kläger Ziff. 1. und 2. neu berechnet worden ist; die Leistungen für die KdU blieben unverändert. Mit Bescheid vom 7. September 2010 wurde der Bescheid vom 1. September 2010 insofern geändert, als keine Einbehaltung mehr an die Regionaldirektion erfolge. Mit zwei Aufheb...