Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung für die Vergangenheit. Arbeitslosigkeit. Beschäftigungssuche. Nachweis von Eigenbemühungen
Orientierungssatz
1. Kommt der Arbeitslose seiner Pflicht nach § 119 Abs 5 S 2 SGB 3 zum Nachweis von ausreichenden Eigenbemühungen bis zum Ablauf der im Aufforderungsschreiben gesetzten Frist nicht nach, obwohl er im Rahmen der Rechtsfolgenbelehrung ausdrücklich über die Möglichkeit der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum ab Zugang der Aufforderung belehrt wurde, so kann die Arbeitslosengeldbewilligung gem § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB 10 rückwirkend aufgehoben werden.
2. Die Aufforderung zum Nachweis von Eigenbemühungen gem § 119 Abs 5 S 2 SGB 3 stellt keinen Verwaltungsakt dar.
3. Die im Aufforderungsschreiben verlangte bestimmte Anzahl an Bewerbungen bei bestimmten Arbeitgebern bzw für bestimmte Tätigkeiten entfaltet zwar keine Rechtsverbindlichkeit, hat aber faktisches Gewicht. Erfüllt der Arbeitslose die konkreten Vorgaben nicht, so bleibt unabhängig davon zu prüfen, ob er dennoch - in anderer Weise, etwa durch besondere Qualität - ausreichende Eigenbemühungen nachweisen kann. Maßgeblich ist, ob unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls das "Erscheinungsbild eines interessierten Beschäftigungssuchenden" erfüllt wird.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Oktober bis 5. Dezember 2002 und vom 11. März 2003 bis 25. Juli 2003 wegen ungenügender Eigenbemühungen zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit.
Die 1961 geborene Klägerin hat keine Berufsausbildung und arbeitete vom 3. Dezember 1990 bis 31. März 2002 als Nieterin. Das Arbeitsverhältnis wurde durch betriebsbedingte ordentliche Kündigung des Arbeitgebers vom 20. September 2001 zum 31. März 2002 unter Zahlung einer Abfindung von 25.000 € aufgelöst. Am 21. März 2002 meldete sich die Klägerin zum 1. April 2002 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Dabei bestätigte sie durch ihre Unterschrift, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von dessen Inhalt Kenntnis genommen zu haben. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 6. Mai 2002 Arbeitslosengeld ab 1. April 2002 in Höhe von 285,39 € wöchentlich (Anspruchsdauer 360 Tage, Leistungsgruppe C, Kindermerkmal 1, wöchentliches Bemessungsentgelt 600 €, Leistungstabelle 2002, Leistungssatz 67 vH). In dieser Höhe bezog die Klägerin Arbeitslosengeld bis 10. August 2002, sodann (nach Ortsabwesenheit) wieder ab 4. September auf Grund des Bescheids vom 27. September 2002 bis 31. Dezember 2002. Der Leistungssatz änderte sich wegen der ab 1. Januar 2003 geltenden Leistungsverordnung 2003 auf wöchentlich 283,78 € (Bescheid vom 15. Januar). Diese Leistung wurde ausgezahlt vom 1. Januar bis 26. März 2003 und wegen der angenommenen Erschöpfung des Anspruchs danach eingestellt (Bescheid vom 27. März 2003). Nach erfolgter Neuberechnung wurde die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes bereits mit Bescheid vom 28. März 2003 um (wohl) 43 Tage verlängert und zunächst bis 30. April 2003 gezahlt. Danach erfolgte vorübergehende eine Einstellung der Leistung und vom 25. Juli bis 24. August 2003 bezog die Klägerin wieder Arbeitslosengeld in unveränderter Höhe (Bescheid vom 30. September 2003). Ab 25. August wurde der Klägerin Arbeitslosenhilfe bis 30. September 2003 bewilligt (Bescheid vom 23. Oktober 2003).
I.
Bereits bei einer Beratung am 25. April 2002 war der Nachweis von Eigenbemühungen ausführlich besprochen worden. In diesem Beratungstermin war der Sohn der Klägerin als Dolmetscher anwesend, da eine Verständigung mit der Klägerin wegen unzureichender Deutschkenntnisse anders nicht möglich war. Die Klägerin sollte ihre Eigenbemühungen bis 25. Juli 2002 nachweisen (Beratungsvermerk Verwaltungsakte S. 30, 67).
Mit Schreiben vom 25. Juli 2002 forderte die Beklagte die Klägerin auf, ihre bisherigen Bewerbungsaktivitäten bis 8. August 2002 nachzuweisen; dem Schreiben war eine eingehende Rechtsfolgenbelehrung beigefügt (Verwaltungsakte S. 28), ferner die Rechtsbehelfsbelehrung, dass gegen diesen Aufforderung der Widerspruch zulässig sei, der kein aufschiebende Wirkung habe.
In einem Beratungsvermerk vom 8. August 2002 (Verwaltungsakte S. 26, 69) ist ausgeführt, die Klägerin habe sich seit April nur zweimal beworben. Sie sei auf die Leistungseinstellung wegen nicht ausreichender Bewerbungen hingewiesen worden. In einem weiteren Beratungsvermerk vom 9. August 2002 (Verwaltungsakte S. 44) heißt es, die Klägerin habe mit ihrem Sohn nochmals wegen Urlaubs vorgesprochen. Der Sohn habe gemeint, die Klägerin hätte sich noch bei zwei bis drei Firmen telefonisch beworben. Die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, ihre Eigenbemühungen zukünftig schriftlich zu dokumentieren und das SIS zu benutzen. Außerdem solle sie sich auch bei Zeitarbeitsfirmen bewerben.
Mit Bescheid vom 20. August 2002 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für di...