Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung des Geburtsdatums in der Versicherungsnummer. türkischer Staatsbürger. Diskriminierung. Europarechtmäßigkeit des § 33a SGB 1
Orientierungssatz
1. Für den von einem Versicherten geltend gemachten Anspruch auf Änderung der Versicherungsnummer bzw auf Vergabe einer neuen Versicherungsnummer unter Berücksichtigung eines geänderten Geburtsdatums gibt es keine Rechtsgrundlage (Anschluß an BSG vom 21.2.1996 - 5 RJ 12/95 = BSGE 78, 13 = SozR 3-5748 § 1 Nr 2).
2. Die vom 8. und 13. Senat des BSG in ihren Vorlagen an den EuGH erhobenen Bedenken gegen die Gültigkeit des § 33a SGB 1 (vgl BSG vom 17.2.1998 - B 13 RJ 31/96 R und BSG vom 31.3.1998 - B 8 KN 7/95 R) werden durch den Senat nicht geteilt, denn mit der Vorschrift ist eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung nicht verbunden.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer mit geändertem Geburtsdatum.
Die Klägerin, die die türkische Staatsangehörigkeit besitzt, erhielt von der Beklagten entsprechend ihren Angaben beim Eintritt in die deutsche Rentenversicherung am 01.01.1973 die Versicherungsnummer Mit Schreiben vom 16.12.1996 zeigte die Allgemeine Ortskrankenkasse K der Beklagten an, das in der Versicherungsnummer enthaltene Geburtsdatum der Klägerin sei falsch und müsse richtig "22.11.40" lauten. Zur Feststellung der genauen Geburtsdaten forderte die Beklagte die Klägerin auf, einen Auszug aus dem türkischen Einwohnerbuch vorzulegen. Am 09.01.1997 legte die Klägerin der Beklagten den Auszug aus dem Standesregister des Standesamtes I./Türkei vom 27.12.1996 vor; dieser enthält u.a. die Geburtsdaten der Klägerin, ihres Ehemanns und ihrer drei Kinder (Geburtsdatum der Klägerin: 22.11.1940) sowie den Vermerk, das Geburtsdatum der Klägerin sei durch Urteil des Landgerichts (LG) I. vom 18.07.1996 vom 22.11.1945 auf 22.11.1940 berichtigt. Daraufhin bat die Beklagte die Klägerin um Vorlage einer Kopie des Urteils des LG, die die Klägerin am 25.02.1997 übersandte. Nach dem Inhalt des Urteils wurde dem Antrag der Klägerin, ihr Geburtsdatum in "22.11.1940" zu berichtigen, stattgegeben, weil eidliche Zeugenaussagen die Behauptung, das registrierte Geburtsdatum "22.11.1945" sei unrichtig, bestätigt hätten und die Klägerin nach einem ärztlichen Bericht über 50 Jahre alt sei; außerdem habe das Aussehen der Klägerin, die während der Verhandlung intensiv beobachtet worden sei, die Richtigkeit ihrer Angaben bestätigt.
Durch Bescheid vom 06.03.1997 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, aus § 149 des Sozialgesetzbuches -- Gesetzliche Rentenversicherung -- (SGB VI) ergebe sich weder eine Berechtigung noch eine Verpflichtung, das Geburtsdatum eines Versicherten außerhalb eines Verfahrens auf Gewährung rentenversicherungsrechtlicher Leistungen gesondert festzustellen. Hierfür bestehe auch sonst keine Rechtsgrundlage. An die Feststellung ausländischer Personenstandsunterlagen sei sie -- die Beklagte -- nicht gebunden. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück: Erst im Leistungsfall sei zu prüfen, welches Geburtsdatum zutreffend sei, soweit es hierauf ankomme (Widerspruchsbescheid vom 29.04.1997).
Deswegen erhob die Klägerin am 14.05.1997 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zur Begründung trug sie im wesentlichen vor, die Beklagte müsse die Feststellungen im Urteil des LG I. beachten und ihr Geburtsdatum berichtigen. Die Beklagte habe von ihr verschiedene Unterlagen angefordert, um die Berichtigung ihres Geburtsdatums bzw. der Versicherungsnummer vornehmen zu können. Sie könne sich deshalb nachfolgend nicht mehr auf den Standpunkt stellen, eine Berichtigung sei derzeit nicht möglich.
Durch Gerichtsbescheid vom 07.01.1998 wies das SG die Klage ab: Allein aufgrund der Anforderung von Unterlagen habe die Beklagte keinen Vertrauenstatbestand geschaffen; sie habe hierdurch weder eine Zusicherung erteilt, eine Entscheidung im Sinne des Begehrens der Klägerin zu treffen, noch sei sie gehindert gewesen, eine durch die Anforderung von Unterlagen möglicherweise zum Ausdruck gekommene ursprünglich unrichtige Rechtsauffassung in den angefochtenen Bescheiden zu ändern. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine bescheidmäßige Feststellung oder Abänderung ihres Geburtsdatums bzw. der Versicherungsnummer außerhalb eines Leistungsverfahrens.
Hiergegen richtet sich die am 06.02.1998 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt sie im wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.
Die Klägerin beantragt -- teilweise sinngemäß --,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07. Januar 1998 sowie den Bescheid vom 06. März 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des 22.11.1940 als Geburtsdatum zu erteilen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, in ihren Aktenunterlagen einen Zweifelsvermerk wegen des Geburts...