Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. freiwillige Versicherung. Beitragsberechnung bei Rentenantragstellern. Verfassungsmäßigkeit der Mindesteinnahmenregelung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Rentenantragstellern sind Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach der Mindesteinnahmen-Grenze des § 240 Abs 4 S 1 SGB 5 zu berechnen.

2. Eine Unfallrente stellt keine Rente iS des § 240 Abs 4 S 5 SGB 5 dar.

 

Orientierungssatz

Die gesetzliche Beitragsbemessung nach Mindesteinnahmen in der freiwilligen Versicherung für Mitglieder, die nur unter dieser Grenze liegende oder überhaupt keine Einkünfte haben, ist verfassungsgemäß (vgl zuletzt BSG vom 6.11.1997 - 12 RK 61/96 = SozR 3-2500 § 240 Nr 30 - ständige Rspr).

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Beitragshöhe seit 01.03.2001 streitig.

Der 1966 geborene Kläger besuchte vom 26.08.1991 bis 19.06.1992 ein einjähriges Berufskolleg Fachhochschulreife in F. Mit Schreiben vom 04.02.1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Krankenversicherung der Studenten (KVdS) bis zu zehn Jahre nach Erwerb der Zugangsvoraussetzung möglich sei, die Begrenzung auf das 14. Fachsemester jedoch bestehen bleibe. Für den Kläger sei dieser Zehn-Jahres-Zeitraum bis zum 19.06.2002 möglich, es bleibe daher bei der bisherigen Beitragshöhe.

Nachdem sich der Kläger am 30.03.2001 bei der Beklagten als freiwilliges Mitglied ab 01.03.2001 angemeldet hatte, bestätigte die Beklagte die freiwillige Versicherung ab 01.03.2001 ohne Krankengeldanspruch und berechnete dafür zunächst einen monatlichen Gesamtbeitrag von 167,26 DM - 85,52 € - (Bescheid vom 03.04.2001). Unter Berücksichtigung eines Praktikumentgelts für die Zeit vom 01.08. bis 30.09.2001 und einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 13.08.2001 den Beitrag neu mit insgesamt 355,41 DM (181,72 €), ab 01.09.2001 betrage der Gesamtbeitrag 222,50 DM (Mindestbeitrag für freiwillige Mitglieder). Mit weiterem Bescheid vom 08.10.2001 korrigierte die Beklagte die Beitragseinstufung und forderte ab 01.08.2001 einen Gesamtbeitrag von 222,50 DM (113,76 €). Ab 01.01.2002 betrug der Gesamtbeitrag monatlich 116,46 € (227,77 DM).

Ab 25.10.2001 besuchte der Kläger die Fachschule Betriebswirtschaft an der Kaufmännischen Schule S. N. die er am 23.07.2002 mit dem Berufsabschluss Staatlich geprüfter Betriebswirt abschloss. Im Anschluss daran war er arbeitslos ohne Leistungsbezug.

Mit Schreiben vom 20.10.2002 übersandte der Kläger der Beklagten den ausgefüllten Einkommensfragebogen (Verletztenrente ab 01.07.2002 = 305,73 € monatlich) und teilte der Beklagten mit, er habe beim Sozialamt einen Antrag auf Übernahme der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge gestellt, der von der Beklagten unterstützt werden sollte.

Mit Bescheid vom 27.12.2002 hob die Beklagte den Beitragssatz ab 1. Januar 2003 auf 13,9% an, so dass sich ein Gesamtbeitrag von 123,76 €, fällig ab 17.02.2003, ergab. Die Verletztenrente des Klägers betrug ab 01.07.2003 308,91 €.

Am 08.10.2003 beantragte der Kläger gemäß § 44 SGB X die Herabsetzung der Mindestbemessungsgrundlage auf das tatsächliche Einkommen und die Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge plus Zinsen ab 01.03.2001 (Beginn der freiwilligen Versicherung). Auch für freiwillig versicherte Mitglieder (Rentenbezieher) sei nach § 240 Abs. 4 Satz 4 SGB V nur das tatsächliche, gegebenenfalls unter dem Mindestbeitrag liegende, Einkommen maßgebend, so dass als Einkommen nur die Verletztenrente als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sei. Daraus ergebe sich eine Überzahlung von 2.184,30 €. Auch für die Zukunft werde ein neuer Beitragsbescheid für 2003 in Höhe von 48,19 € beantragt.

Mit Bescheid vom 03.11.2003 lehnte die Beklagte eine Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage ab und wies darauf hin, dass für die Bemessung der freiwilligen Versicherung der § 240 Abs. 4 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) gelte, wonach als beitragspflichtige Einnahmen für den Kalendertag mindestens der 90. Teil der monatlichen Bezugsgröße (2003: 26,44 €) anzusetzen sei. Die Beiträge für die freiwillige Versicherung des Klägers seien richtigerweise aus dieser gesetzlichen „Mindeststufe" berechnet worden. Die Rechtsgrundlage des § 240 Abs. 4 Satz 4 SGB V beziehe sich auf die Beitragszahlung bei Schülern einer Fachschule oder Berufsfachschule. Da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis gehöre, finde diese Rechtsquelle keine Anwendung.

Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch legte der Kläger u.a. eine Kopie des bei der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg gestellten Rentenantrages vom 09.05.2003 nebst Anlage B (Berufsausbildung, Beschäftigungsübersicht) vor und machte geltend, er sei als Rentenantragsteller mit einem niedrigeren Beitrag versichert. Er verfüge monatlich nur über ein Einkommen von...

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