Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2108. bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule. arbeitstechnische Voraussetzung. Unterschreiten des hälftigen Orientierungswertes nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell für Frauen von 8,5 MNh. Unterschreiten des Schwellenwertes der "Deutschen Wirbelsäulenstudie-Richtwerteableitung (DWS II)" von 3 MNh. hier: Gesamtbelastungsdosis von 1 MNh. haftungsbegründende Kausalität. keine Notwendigkeit: medizinischen Ermittlungen. Arbeiterin in Metallfabrik

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Gesamtbelastungsdosis von 1 MNh unterschreitet sowohl den hälftigen Orientierungswert nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell für Frauen von 8,5 MNh als auch den nach den Ergebnissen der "Deutschen Wirbelsäulenstudie-Richtwerteableitung (DWS II)" vorgeschlagenen Schwellenwert von 3 MNh so deutlich, dass das für die BK 2108 erforderliche Gefährdungsniveau nicht annähernd erreicht wird; medizinischer Ermittlungen zum Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Einwirkungsbelastung und den Bandscheibenerkrankungen bedarf es in diesem Fall nicht.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03.12.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung der Wirbelsäulenerkrankung der Klägerin als Berufskrankheiten Nr. 2108 und Nr. 2109 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.

Die im Jahr 1957 geborene Klägerin war von Februar 1981 bis März 2013 als Arbeiterin in einer Metallfabrik versicherungspflichtig beschäftigt. Seit März 2013 ist sie arbeitsunfähig erkrankt. Zu ihrer beruflichen Tätigkeit gehörte ausweislich des von der Klägerin am 07.11.2016 ausgefüllten Fragebogens das Stanzen, Elektroschweißen, Montieren und Gewindeschneiden von Metallteilen sowie die Bedienung von Pressmaschinen. Sie gab an, diese Tätigkeiten überwiegend im Sitzen und Stehen ausgeführt zu haben. Sie habe hierbei von Hand Gegenstände mit einem Gewicht von bis zu 10 kg heben müssen. Diese Gegenstände habe sie nicht über eine größere Entfernung von mehr als 5 m tragen müssen. Sie habe Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung (90° oder mehr) verrichten müssen. Ganzkörperschwingungen hätten nicht vorgelegen.

Am 22.09.2016 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten das Vorliegen einer Berufskrankheit geltend. Sie führte aus, an Hüftschmerzen, ausstrahlend bis zur rechten Ferse, mit Taubheitsgefühlen zu leiden. Sie habe einen Bandscheibenvorfall erlitten. Im Jahr 2006 sei eine operative Versorgung mittels einer dorsolateralen Spondylodese L5/S1 erfolgt. Danach habe sie starke Schmerzen gehabt. Im Fragebogen zu Wirbelsäulenerkrankungen gab sie am 07.11.2016 weiter an, die Beschwerden bestünden in allen Wirbelsäulenabschnitten. Sie führe sie auf ihre sehr schwere Arbeitstätigkeit zurück.

Die Beklagte zog verschiedene Behandlungsunterlagen bei.

Aus dem Entlassungsbericht über eine im Jahr 2013 im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme ergaben sich folgende Diagnosen: „Chronifiziertes multifokales Schmerzsyndrom mit somatischen und somatoformen Anteilen; belastungsabhängige Rückenschmerzen mit Beineinstrahlung links und Hinweisen für eine sensible Wurzelreizung L5 links; Spondylodese L5/S1 (2006), Anschlussdekompensation LWK4/5 bei NPP, multisegement. deg. LWS-Veränderungen; Angststörung; Fußbelastungsbeschwerden links mit neuropathischer Komponente (DD Tarsaltunnelsyndrom li.)“.

Nach dem Bericht des Klinikums K. vom 02.11.2016 litt die Klägerin an einer linksischialgieformen Schmerzsymptomatik mit Hypästhesien und Kribbelparästhesien des linken Fußes. Die Klägerin habe in den letzten Jahren eine zunehmende Rückenschmerzsymptomatik beschrieben. Wegen einer diagnostizierten Anschlussdekompensation L4/5 wurde im Oktober 2016 eine dorsolaterale Spondylodese L4/S1 durchgeführt.

Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. G. ein. Dr. G. gab in seiner Stellungnahme vom 16.12.2016 an, Hinweise für ein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule (Berufskrankheit Nr. 2108 der Anlage 1 zur BVK) bestünden nicht. Nach Auffassung des Beratungsarztes handele es sich um einen schicksalhaften Verlauf bei einem angeborenen Wirbelgleiten L5/S1 und gleichzeitig bestehender Hyperlordose der Lendenwirbelsäule. Anhaltspunkte für ein vom typischen Lebensalter deutlich abweichendes Krankheitsbild, welches für eine berufliche (Mit-)Verursachung im Sinne einer Berufskrankheit Nr. 2109 der Anlage 1 zur BKV (Erkrankung der Halswirbelsäule) sprechen könnte, lägen nicht vor.

Durch Bescheid vom 06.02.2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2108 (bandscheibenbedingte Erkr...

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