Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. abweichende Leistungserbringung als Darlehen. Miteigentum an Immobilienvermögen. Wegfall von Verwertungshindernissen im Bewilligungszeitraum. Prognose. fehlendes ernsthaftes Verlangen einer Auflösung der Miteigentümergemeinschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Auch für die Berücksichtigungsfähigkeit von Miteigentumsanteilen an Immobilienvermögen ist bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Rahmen einer Prognoseentscheidung zu prüfen, ob bestehende tatsächliche oder rechtliche Verwertungshindernisse innerhalb eines Zeitraums, der im Regelfall dem sechsmonatigen Bewilligungszeitraum entspricht, wegfallen werden.
2. Vom Bestehen eines tatsächlichen Verwertungshindernisses kann nicht ausgegangen werden, wenn der Hilfebedürftige seinerseits an einer Auflösung der Miteigentümergemeinschaft nicht interessiert ist und einen entsprechenden Anspruch deshalb nicht ernstlich geltend macht. Eine solche Interessenlage, die etwa in einer erhofften Wertsteigerung des Grundstücks oder auch in familienhafter Rücksichtnahme begründet sein könnte, führt nicht zur Unverwertbarkeit des Anspruchs (Anschluss an BSG vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R = SozR 4-4200 § 12 Nr 12).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 27. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) II für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2008; die Klägerin begehrt die Gewährung der Leistungen als Zuschuss anstatt, wie vom Beklagten gewährt, als Darlehen.
Die 1969 geborene Klägerin bezieht - nach Erschöpfung ihres Anspruchs auf Alg I - seit 21. März 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Klägerin bewohnt nach dem vorgelegten Mietvertrag zwischen ihr und ihrer Mutter vom 20. März 2005 seit diesem Tag als Mieterin eine im Eigentum ihrer Mutter stehende Eigentumswohnung in G.. Die Wohnung ist nach Angaben der Klägerin im Erstantrag vom 21. März 2005 90 qm groß; vermietet seien allerdings nur 50 qm. Die von der Klägerin zu zahlende Miete betrug nach der Mietbescheinigung ihrer Mutter vom 25. Juli 2006 zuletzt einschließlich Nebenkosten in Höhe von 270,00 € insgesamt 470,00 €; die Nebenkosten wurden von der Klägerin direkt an die Immobilienverwaltung überwiesen; nach ihrem Vortrag und der diesbezüglichen Vereinbarung im Mietvertrag wurde die Miete in Höhe von 200,00 € monatlich in bar an die Mutter gezahlt. Die von der Klägerin nach dem Mietvertrag bzw. der Mietbescheinigung zu tragenden Nebenkosten beinhalteten allerdings sämtliche sich aus dem jeweiligen Wirtschaftsplan für die Wohnung insgesamt ergebenden Betriebskostenvorauszahlungen sowie die von den Eigentümern zu tragenden Lasten (anfänglich 212,00 € im Monat; zuletzt 270,00 €).
Die Klägerin und ihre Mutter sind je zur Hälfte Miteigentümerinnen eines nach Angaben der Klägerin 464 qm großen Hausgrundstücks in der D.-Str. 11 in U., das mit einer von der Mutter bewohnten Doppelhaushälfte mit einer Wohnfläche von ca. 160 qm bebaut ist. Das (Mit-) Eigentum wurde der Klägerin gemäß notariellem Übertragungsvertrag vom 23. August 2000 von deren Großvater (unentgeltlich) übertragen. Zu dessen Gunsten war das Eigentum mit einem Nießbrauch belastet. Bis zu seinem Tod am 21. Januar 2007 lebte der Großvater in dem Haus zusammen mit der Mutter der Klägerin; seither bewohnt diese das Haus allein. Weitere dingliche Belastungen bestehen nicht. Nachdem die Klägerin vom Beklagten aufgefordert worden war, etwaige Möglichkeiten der Beleihung ihres Miteigentumsanteils mitzuteilen, legte diese das Schreiben der S.-Bank Baden-Württemberg eG vom 26. Januar 2006 vor, in dem deren Mitarbeiter St. eine Kreditvergabe wegen Unterschreitens der Liquiditätsgrenze ablehnte.
Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 5. Februar 2007 gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 2007 Leistungen für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2007 (nur noch) unter Zugrundelegung angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 349,05 €. In seinem Schreiben vom selben Tag führte der Beklagte ergänzend aus, die Klägerin könne nach dem Tod ihres Großvaters ihren Mietvertrag kündigen und in das hälftig in ihrem Miteigentum stehende Haus in U. ziehen. Auf diese Weise könnten die Kosten der Unterkunft erheblich verringert werden. Zur Begründung ihres gegen den Bescheid vom 15. Februar 2007 erhobenen Widerspruchs führte die Klägerin aus, das Haus in U. weise keine getrennten Wohnungen auf. Ein Auszug aus ihrer Wohnung in G. sei deshalb nicht möglich. Im Übrigen sei sie nicht Erbin ihres Großvaters. Mit (bestandskräftig gewordenem) Widerspruchsbescheid vom 2. April 2007 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Den folgenden Fortzahlungsantrag vom 2. August 2007 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. August 2007 ganz ab; die Klägerin habe ihre Hilfebedürftig...