Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Abgabe des Unternehmens. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft verstößt nicht gegen das GG.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.11.2018; Aktenzeichen 1 BvR 3091/13)

BSG (Beschluss vom 04.09.2013; Aktenzeichen B 10 LW 4/13 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.02.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente für Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).

Der 1941 geborene, mit dem Güterstand der Gütertrennung verheiratete Kläger war von März 1974 bis Juli 2006 als Landwirt versicherungspflichtig und entrichtete Beiträge an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend einheitlich: Beklagte). Aktuell bewirtschaftet er eine Waldfläche von rund 239 ha, die die Mindestgröße (= 50 ha) übersteigt. Darüber hinaus hat er nach eigenen Angaben ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an weiteren, von ihm an seinen Sohn zu Eigentum übertragenen 1.149 ha Waldflächen, wobei der Sohn hier als Geschäftsleiter im operativen Bereich tätig ist. Der Kläger bezieht seit August 2006 (nach eigenen Angaben in Höhe von 320 €), seine Ehefrau seit November 2008 von der Deutschen Rentenversicherung Altersrente. Weitere Angaben zu seinen Einkünften hat der Kläger nicht gemacht.

Seinen bei der Beklagten im Februar 2011 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente, mit dem er zugleich einen Rückbehalt von rund 239 ha Waldfläche geltend machte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.2011 und Widerspruchsbescheid vom 09.06.2011 ab. Da der zulässige Rückbehalt 12,50 ha betrage, erfülle der Kläger die Voraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens nicht.

Das hiergegen am 24.06.2011 mit verfassungsrechtlichen Einwänden angerufene Sozialgericht Ulm hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21.02.2012 abgewiesen. Eine Verstoß gegen Art. 14 Grundgesetz (GG) liege nicht vor.

Gegen den ihm am 24.02.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 21.03.2012 Berufung eingelegt. Er trägt vor, sein Unternehmen nicht abgegeben zu haben und dies auch in ferner Zukunft nicht zu beabsichtigen. Der Kläger meint, die Hofabgabeklausel sei nicht mehr zeitgemäß. Er legt hierzu ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vor, aus dem sich ergebe, dass die vom Gesetzgeber angestrebte agrarstrukturelle Steuerungswirkung heutzutage fehl gehe. Die Landwirte fänden keine Nachfolger mehr. Häufig erfolgten Abgaben nur zum Schein. 60 % der Landwirte seien Nebenerwerbslandwirte, die nicht der Versicherungspflicht nach dem ALG unterlägen. Die Hofabgabeklausel greife in den Schutzbereich von Art. 14 GG ein. Dem - vom Sozialgericht herangezogenen - Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R könne nicht gefolgt werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 21.02.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.2011 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 09.06.2011 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Rechtsgrundlage des prozessualen Begehrens des Klägers ist § 11 Abs. 1 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.

Hier hatte der Kläger im Zeitpunkt seines Rentenantrages die Wartezeit von 15 Jahren bereits erfüllt und bereits im Juli 2006 - da vor 1947 geboren - auch die Altersgrenze für die Regelaltersrente erreicht (§ 11 Abs. 3 ALG in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung i.V.m. § 87a ALG).

Indessen erfüllt der Kläger - unstreitig - die dritte Voraussetzung für die begehrte Regelaltersrente nicht, weil er noch immer ein landwirtschaftliches Unternehmen - dazu gehören auch Unternehmen der Forstwirtschaft (§ 1 Abs. 4 Satz 1 ALG) - bewirtschaftet, also sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben hat.

Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen - hierzu gehören auch forstwirtschaftlich genutzte Flächen, § 1 Abs. 4 Satz 1 zweiter Halbsatz ALG - mit Ausnahme ...

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