Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Auszahlung von Anschlussübergangsgeld für Vormonat im Folgemonat. laufende Einnahme. Zuflussprinzip. Verfassungsmäßigkeit)

 

Orientierungssatz

1. Anschlussübergangsgeld für den Vormonat, welches erst im Folgemonat ausgezahlt wird, ist gem § 11 SGB 2 iVm § 2 Abs 2 AlgIIV als laufende Einnahme im Zuflussmonat als Einkommen zu berücksichtigen.

2. Dadurch, dass das Übergangsgeld verspätet gezahlt wurde, wird die laufende Leistung nicht zur einmaligen Einnahme, auf die § 2 Abs 3 AlgIIV anzuwenden wäre.

3. Für eine verfassungskonforme Auslegung dahingehend, dass auch bei laufenden Einnahmen eine allgemeine Härtklausel zur Anwendung kommen muss, besteht kein Raum. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die maßgeblichen Vorschriften über die Einkommensberücksichtigung gem § 11 SGB 2 iVm § 2 Abs 2 AlgIIV verfassungswidrig sind.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 07.05.2009; Aktenzeichen B 14 AS 4/08 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Februar 2005.

Die 1954 geborene Klägerin bezog für die Zeit vom 30. Oktober 2004 bis 29. Januar 2005 Anschlussübergangsgeld in Höhe von 36,00 € kalendertäglich ab 30. Oktober 2005 bzw. 36,43 € ab 1. November 2005. Das Übergangsgeld für den Zeitraum vom 1. bis 29. Januar 2005 wurde am 9. Februar 2005 ausgezahlt.

Am 2. Februar 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Für Februar 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2005 die Leistungsgewährung wegen fehlender Hilfebedürftigkeit ab. Mit Bescheid vom gleichem Tag gewährte sie für März 2005 Leistungen in Höhe von 570,16 € und für die Zeit vom 1. April bis 31. August 2005 in Höhe von 795,33 € monatlich. Auf den Widerspruch der Klägerin gewährte die Beklagte für März 2005 Leistungen in Höhe von 611,67 € und für April bis August 2005 in Höhe von monatlich 906,33 €. Bezüglich der Gewährung von Leistungen für Februar 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2005).

Hiergegen richtet sich die am 10. November 2005 zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage. Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Übergangsgeld sei ausschließlich zur Bedarfsdeckung für den Monat Januar vorgesehen und dürfe daher nicht angerechnet werden. Mit Urteil vom 29. Juni 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen.

Am 27. Juli 2006 hat die Klägerin beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, die Zahlung des Übergangsgeldes in Höhe von 1.056,47 € im Februar dürfe nicht angerechnet werden, da die Zahlung für den Januar 2005 gedacht sei. Zwar sei das Übergangsgeld nach § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld in der Fassung vom 20. Oktober 2004, BGBl I S. 2622 (Alg II-V) nach dem Zuflussprinzip im Februar 2005 zu berücksichtigen. Es handele sich hier jedoch tatsächlich nicht um eine laufende, regelmäßig erbrachte Leistung, da eine einmalige, nachträgliche und verspätete Leistungsauszahlung vorliege. Es sei daher festzustellen, dass es sich um einmalige Leistung handele. Selbst wenn man von einer laufenden Leistung ausgehe, sei aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu schließen, dass § 2 Abs. 3 Alg II-V auch auf laufende Einnahmen anzuwenden sei. Nach dieser Regelung sei im Einzelfall eine Abweichung möglich, wenn die Anrechnung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeute. Aus Härtefallgründen müsse im Februar 2005 auf die Anrechnung des Übergangsgeldes verzichtet werden. Dieses habe der Klägerin für Januar 2005 zugestanden, mit einer verspäteten Auszahlung habe sie nicht rechnen können. Bei ordnungsgemäßen Verfahrensverlauf hätte die Klägerin für Februar 2005 einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 618,92 € gehabt.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. Juni 2006 aufzuheben, den Bescheid vom 21. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2005 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Gewährung von Leistungen für den Monat Februar 2005 abgelehnt hat und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Februar 2005 in Höhe von 618,92 € zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klägerin habe im Monat Februar 2005 Einkommen in Form von Übergangsgeld zur Verfügung gestanden. Da der Bedarf der Klägerin im Februar 2005 lediglich 611,67 € betragen habe, seien Leistungen aufgrund übersteigend...

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