Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. arbeitstechnische Voraussetzungen. relevante Überbeanspruch der Hände oder Arme. Einwirkungsdauer. Einwirkungskausalität. Epicondylitis humeri radialis. Tennisellenbogen. Fliesenleger
Orientierungssatz
Zur Nichtanerkennung einer Epicondylitis humeri radialis ("Tennisellenbogen") eines Fliesenlegers, der nur in einem Umfang von 0,26 Stunden täglich der gefährdenden Verrichtung ausgesetzt war, als Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2101 mangels Vorliegens der arbeitstechnischen Voraussetzungen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Epicondylitis humeri radialis rechts als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der 1962 geborene Kläger erlernte von 1978 bis 1980 den Beruf des Fliesenlegers und war anschließend unterbrochen durch seine Wehrdienstzeit bis 1986 als Fliesenleger beschäftigt. Hiernach war er bis 1987 in einer Großküche als Betriebshandwerker und sodann bis 1990 wiederum als Fliesenleger beschäftigt. Von 1990 bis 1991 arbeitete er für einen Hersteller von u.a. Fliesenkleber und Verfugungsmaterial im Außendienst und Verkauf sowie im Bereich der Produktschulung, bevor er eine selbständige Tätigkeit im Bauwesen (Reparatur und Sanierungsservice) aufnahm. Nach erfolgreichem Abschluss der Meisterschule gründete der Kläger 1995 einen Fliesenlegerbetrieb, in dem er neben zwei bis vier Mitarbeitern selbst als Fliesenleger tätig war. Mitte 2004 traten Beschwerden im Bereich des rechten Ellenbogens auf, die zur Diagnose einer Epicondylitis humeri radialis führten und sich auch unter Behandlung nicht hinreichend besserten. Da auch erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden bestanden, gab der Kläger Ende des Jahres 2005 seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen auf. Seit Januar 2006 ist der Kläger wieder im Angestelltenverhältnis tätig, und zwar im Vertrieb (Außendienst) eines Baumaterialienherstellers.
Im Januar 2005 zeigte der Facharzt für Orthopädie Dr. S. bei der Beklagten im Hinblick auf die Epicondylitis humerus lateralis rechts den Verdacht auf eine BK an. Arbeitsunfähigkeit bestehe seit 04.02.2005. Auf Veranlassung der Beklagten befragte der Technische Aufsichtsbeamte Dipl.-Ing. H. den Kläger, der u.a. angab (siehe das vom Kläger unterschriebene Protokoll vom 01.04.2005), in seinem Betrieb branchenübliche Fliesenlegearbeiten ausgeführt zu haben, ca. 50 % Renovierungen, auch mit Abstemmen alter Fliesenbeläge in 90 bis 95 % dieser Fälle und Spachteln von Wänden sowie Austausch von Estrich; dieser Anteil an Renovierungen habe sich im Jahre 1995 auf ca. zwei Drittel der Arbeitszeit erhöht. Bei einer Arbeitszeit von ca. 40 bis 42 Stunden pro Woche habe er ca. 80 % der Zeit handwerkliche Arbeiten ausgeführt und im Übrigen unternehmerische Tätigkeiten. Bei nahezu allen anfallenden Arbeiten habe er Schmerzen im rechten Ellenbogengelenk gehabt; u.a. nannte er folgende Arbeiten: Auftragen von Fliesenkleber mit der Zahnspachtel, Spachtelarbeiten an Wänden und Abdichtungsarbeiten im Bereich von Duschen, schneiden und abbrechen von Fliesen mit der Hand, drücken des Griffs der Spritzpistole bei der Ausführung dauerelastischer Verfugungen. Nach Auswertung des entsprechenden Gesprächsprotokolls führte Dipl.-Ing. H. aus, die branchenüblichen Fliesenlegerarbeiten seien in der Regel geprägt durch abwechslungsreiche Einzeltätigkeiten, wobei sich das Anmischen und Auftragen des Klebers, der Zuschnitt von Fliesen und das Kleben von Fliesen abwechselten. An einzelnen Tagen würden während längerer Zeitabschnitte auch Spachtelarbeiten an Wand- und Bodenflächen ausgeführt, wobei im Zuge dieser Arbeiten auf Bodenflächen mit leicht angewinkeltem Arm radial von rechts nach links gearbeitet werde und an Wandflächen oft senkrecht. Ob diese Arbeit dem biomechanisch relevanten Bewegungsablauf “forcierte Dorsalextension der Hand„ (Nr. 4 der in der Stellungnahme als relevant aufgelisteten Bewegungsabläufe) entspreche, müsse von medizinischer Seite geklärt werden. Belastungen mit biomechanisch relevanten Bewegungsabläufen nach Nr. 1, 2, 3 und 5 träten bei den Fliesenlegerarbeiten nicht oder nur hin und wieder auf. Der sodann hinzugezogene beratende Ingenieur für Berufskrankheiten/Prävention Dipl.-Ing. St. vertrat nach Auswertung dessen die Auffassung, dass der Bewegungsablauf “forcierte Dorsalextension der Hand„ beim Spachteln und Auftrag des Klebers von Bedeutung sein könne, da die dabei auftretende Bewegung bzw. der Bewegungsablauf (die Ablaufgeschwindigkeit sei allerdings nicht berücksichtigt) etwa dem “Rückschlag beim Tennis„ entspreche. Er hielt es daher für notwendig, weitere arbeitstechnische Details zu ermitteln, insbesondere den zeitlichen Anteil dieser Arbeiten (Spachteln, Kleberauftrag). Im Anschluss an ein mit dem Kläger geführtes Telefonat legte Dipl.-Ing. H. zu den Spachtelarbeiten dann dar, Spachtelmassen würden bei Renovierungsarbeiten an Wand- und Bodenflächen aufgetragen, um...