Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des GdB. Beurteilung von Schmerzstörungen. Begutachtung
Leitsatz (amtlich)
Die Beurteilung von Schmerzstörungen ist nicht vorrangig einer Fachausrichtung zugewiesen, notwendig sind vielmehr fachübergreifende Erfahrungen hinsichtlich Diagnostik und Beurteilung, deswegen sind besondere Umstände für die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht gegeben."
Orientierungssatz
Zur Feststellung des Grads der Behinderung (GdB) nach den in der Anlage zu § 2 VersMedV geregelten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen Teil B Nr 18.12 und Nr 18.14 (Knie-Totalendoprothese), Teil B Nr 18.13 (Bewegungseinschränkung des Handgelenks) und Teil B Nr 18.9 (Wirbelsäulenschäden).
Normenkette
SGG § 109; SGB IX § 69 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 26. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt ein Viertel der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) streitig.
Der 1952 geborene Kläger beantragte am 23.11.2009 die Feststellung des GdB. Der Beklagte zog einen Befundbericht des Klinikums F. bei. Darin wurde über die im Januar 2010 erfolgte Implantation einer teilgekoppelten zementierten Knie-Totalendoprothese links mit partieller Synovektomie, Spongiosaplastik distal des Femurs, Patelladenervierung und hintere Kapelotomie berichtet. Ferner zog der Beklagte einen Entlassungsbericht der Birkle-Klinik Ü. bei. Dort wurde über die im Januar/Februar 2010 erfolgte Anschlussheilbehandlung berichtet und ausgeführt, bis zum Abschluss dieser Maßnahme habe der Kläger ein sicheres Gangbild im Zwei-Punkte-Gang an Unterarmgehstützen erlernt. Bei reizlosen Narbenverhältnissen und geringem Resterguss habe die passive Beweglichkeit im linken Kniegelenk 0/0/100 Grad betragen. Peripher neurologisch hätten sich seitengleich regelrechte Befunde gezeigt. Dr. E. berücksichtigte in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme die Knie-Totalendoprothese links mit einem Einzel-GdB von 30 und bewertete in Ermangelung weiterer Behinderungen den Gesamt-GdB ebenfalls mit 30. Mit Bescheid vom 18.05.2010 stellte der Beklagte den GdB mit 30 seit 23.11.2009 fest.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und machte weitere Beeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule und der Psyche geltend. Der Beklagte zog über den Allgemeinmediziner Dr. D. diverse ärztliche Unterlagen, insbesondere einen Arztbrief des Neurologen und Psychiaters Dr. R. über die im Juni 2010 erfolgte einmalige ärztliche Behandlung, bei. Darin wurde die Kniegelenksprothese links als instabil sowie eine Lumboischialgie rechts beschrieben und wurden in psychiatrischer Hinsicht weder Befunde noch Diagnosen mitgeteilt. Ferner holte der Beklagte einen Befundbericht des Dr. R. ein. Dieser berichtete, er habe den Kläger im Juni 2010 nervenärztlich behandelt. Es habe sich eine reaktive Depression auf eine anhaltende Schmerzsymptomatik und eine massive Einschränkung der körperlichen Funktionen gezeigt. Medizinalrätin K. vertrat in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme die Ansicht, eine einmalige Untersuchung einer Depression reiche zur Anerkennung einer anhaltenden seelischen Behinderung nicht aus. Sodann holte der Beklagte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. T. ein. Darin wird als Befund in Bezug auf das linke Knie eine Extension/Flexion von 0/5/110 Grad, eine stabile Bandführung, eine mäßige Schwellung und kein Erguss dargelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 16.03.2011 Klage beim Sozialgericht Konstanz, mit der er angesichts der alles andere als optimalen Verhältnisse und der erheblichen Schmerzhaftigkeit einen Einzel-GdB von 40 für das Knie links, für die Lendenwirbelsäule von weiteren 20 und für die Depression von 30, mithin insgesamt 60 begehrt hat.
Das Sozialgericht hat Dr. R. und Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört sowie diverse ärztliche Unterlagen beigezogen. Dr. R. hat über die einmalig am 21.06.2010 erfolgte Behandlung berichtet und ausgeführt, ergänzende Untersuchungen habe er nicht veranlasst. Dr. D. hat dargelegt, eine nennenswerte Beschwerdelinderung im Bereich des linken Kniegelenks sei durch den operativen Eingriff mit Implantation einer Totalendoprothese im Januar 2010 erreicht worden. Bei regelrechtem Heilungsverlauf sei der Kläger für die berufliche Tätigkeit nicht mehr geeignet gewesen, da das Kniegelenk schon zu Beginn eines Arbeitsversuches vermehrt entzündlich reagiert und die Belastbarkeit dadurch deutlich eingeschränkt habe. Wenn sich auch die Beschwerden ohne berufliche Aktivität wieder gebessert hätten und das Bewegungsausmaß etwas zugenommen habe, so sei der Kläger doch weiterhin durch die rezidivierend auftretenden Lumboischialgien sowie die langsam fortschreitende Hüftbeeinträchtigung beeinträchtigt. Nach dem Entlassbericht der Birkle-Klinik Ü. ist während der stationären Rehabilitationsmaß...