Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses nach § 106 SGB 6 bei rückwirkender Feststellung einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. keine analoge Anwendung der §§ 25 Abs 1, 27 Abs 2 SGB 4 auf den Anspruch des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung auf Erstattung des überzahlten Zuschusses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesetzgeber hat die Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung bei rückwirkender Feststellung einer Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und die damit verbundene Erstattung des gewährten Zuschusses in § 108 Abs 2 SGB VI bewusst abschließend dahingehend geregelt, dass der Rentenversicherungsträger die Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses rückwirkend mit Wirkung vom Beginn der Pflichtmitgliedschaft an aufzuheben hat, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedarf.
2. Mangels Regelungslücke sind die Verjährungsvorschriften der §§ 25 Abs 1, 27 Abs 2 SGB IV auf den Erstattungsanspruch nicht analog anzuwenden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 11. November 2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erstattung von 2.689,37 € für gewährte Beitragszuschüsse zu seiner gesetzlichen Krankenversicherung.
Der 1940 geborene Kläger war bis 31. März 2011 als selbständiger Elektroinstallateur tätig und als solcher in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwilliges Mitglied der Beigeladenen. Mit Bescheid vom 23. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. April 2005 Altersrente für langjährig Versicherte und mit Bescheid vom 2. August 2006 ab 1. April 2005 einen Zuschuss zur Krankenversicherung.
Nach einer im Jahr 2019 erfolgten Überprüfung des Versicherungsverhältnisses nahm die Beigeladene den Kläger rückwirkend ab 1. April 2011 als Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) auf. Hiervon unterrichtete sie die Beklagte am 17. Juli 2019 telefonisch und teilte mit, dass ein Beitragsguthaben von ca. 13.000 € vorhanden sei.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2019 hob die Beklagte den Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung vom 2. August 2006 für die Zeit ab 1. April 2011 auf und führte weiter aus, dass infolge der Bescheidaufhebung der für die Zeit vom 1. April 2011 bis 31. Juli 2019 zu Unrecht gezahlte Zuschuss in Höhe von insgesamt 6.462,52 € nach § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu erstatten sei. Nach § 108 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei ein Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Beginn der Pflichtmitgliedschaft aufzuheben, wenn die Krankenkasse die Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung rückwirkend festgestellt habe. Da der Kläger für die genannten Zeiten gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht gezahlter freiwilliger Beiträge habe, könne sie - die Beklagte - den dortigen Erstattungsbetrag mit dem oben genannten Betrag verrechnen. Die Krankenkasse des Klägers habe bereits mitgeteilt, dass ein Guthaben aus der freiwilligen Versicherung in Höhe von ca. 13.000 € bestehe. Die Beklagte berechnete gleichzeitig die Rente des Klägers unter Berücksichtigung des von ihm aus der Rente zu tragenden Anteils zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 31. Juli 2019 neu und gelangte insoweit zu rückständigen Beiträgen in Höhe von 5.598,81 €. Die Beiträge bis 30. November 2014 seien verjährt. Die Überzahlung betrage insgesamt 12.061,33 € und sei zu erstatten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger insoweit Widerspruch, als die Beklagte den im Zeitraum vom 1. April 2011 bis 30. November 2014 gewährten Zuschuss zur Krankenversicherung in Höhe von 2.689,37 € zurückforderte. Es sei nicht ersichtlich, weshalb rückständige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung im Zeitraum von April 2011 bis November 2014 der Verjährung unterlägen, nicht hingegen die Zuschüsse zur Krankenversicherung. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 108 Abs. 2 SGB VI erst durch Gesetz vom 11. November 2016 mit Wirkung zum 17. November 2016 in § 108 SGB VI eingefügt worden sei und daher für zeitlich davor liegende Sachverhalte noch nicht angewendet werden könne. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. März 2020 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass die Regelung des § 108 Abs. 2 SGB VI ausdrücklich vorgebe, dass die §§ 45 und 48 SGB X nicht anzuwenden seien und damit eine spezialgesetzliche Regelung für die Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses von Beginn an sei. Die Verjährungsvorschrift des § 25 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei nur auf rückständige Beiträge, nicht j...