Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Verweisbarkeit eines Papiermachers auf die Tätigkeit eines Registrators und eines Poststellenmitarbeiters

 

Orientierungssatz

Ein Papiermacher kann zumutbar auf die Tätigkeit eines Registrators und eines Poststellenmitarbeiters verwiesen werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.01.2019; Aktenzeichen B 13 R 170/17 B)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. September 2016 abgeändert und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten

 

Tatbestand

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1958 geborene Kläger war im Zeitraum vom 1. August 1975 bis 31. Januar 2013 rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Danach war er arbeitsunfähig. Er hat vom 1. August 1975 bis 31. Juli 1978 den Beruf des Papiermachers erlernt und war nach seinen Angaben zuletzt bis zur Betriebsauflösung am 31. Januar 2012 als Papiermaschinenführer und Werkführervertreter und danach in einer Auffanggesellschaft beschäftigt. Wegen der Einzelheiten der versicherungsrechtlichen Zeiten wird auf den Kontospiegel vom 11. Februar 2015 in den Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Den Rentenantrag vom 11. Dezember 2014, den der Kläger mit einem Diabetes mellitus, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (WS), Nervenwurzelreizerscheinungen, einer Polyneuropartie (PNP), chronischen Schmerzen, Schlafstörungen, Depressionen, einem Supraspinatus-Syndrom und einer Epicondylitis humero-medialis rechts begründete, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2015 und Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2015 (in dem als Bescheiddatum der 10. Februar 2015 angegeben war) ab, da der Kläger weder teilweise noch voll erwerbsgemindert sei, da er seinen Beruf als Papiermaschinenbediener sowie sonstige Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes (bei Beachtung qualitativer Einschränkungen) noch wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten könne.

Grundlage der Entscheidung waren Berichte sowie sonstige Äußerungen behandelnder Ärzte und ein von der Beklagten veranlasstes Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Rettungsmedizin Pf. vom 3. Februar 2015 (Diagnosen (D): chronisch degeneratives LWS-Syndrom mit mäßigen funktionellen Einschränkungen ohne neurologisches Defizit, Schulterschmerzen beidseits bei dokumentiertem Supraspinatus-Syndrom (degeneratives Veränderung des Muskulus supraspinatus im Bereich der Schulter), funktionelle Einschränkung, Diabetes mellitus Typ II mit Insulin behandelt, klinisch leichte periphere PNP, Farbsehstörung Rot-Grün, Anpassungsstörung, vordiagnostizierte Epicondylitis humero-medialis rechts (Sehnenansatzreizung im Bereich des Ellenbogengelenks) ohne funktionelles Defizit; es hätten sich u.a. Diskrepanzen zwischen Beschwerdeangaben und Befunden (u.a. Schwielen und Substanzreste zwischen Nägeln als Hinweis auf nicht völlig unbedeutende manuelle Aktivität) sowie Spontanmotorik ergeben; der Kläger sei im Besitz einer Fahrerlaubnis und eines Pkw. Sowohl die Tätigkeit eines Papiermaschinenbedieners wie auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Stehen, Gehen oder Sitzen - ohne stärkere Hebebelastungen, regelmäßige Überkopfarbeiten, längere Zwangshaltungen, Tätigkeiten auf stark unebenen Flächen mit Ausrutschgefahr und mit Ersteigen von Leitern und Gerüsten sowie erhöhter Absturz- und Unfallgefahr - seien über sechs Stunden weiterhin möglich. Auch in seiner Stellungnahme zum Widerspruch hatte der Gutachter Pf. an der Einschätzung des Leistungsvermögens festgehalten.

Wegen der die Gewährung von Leistungen versagenden Entscheidung hat der Kläger am 27. Juli 2015 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und eine Einschränkung des Leistungsvermögens insbesondere auch auf Grund neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen geltend gemacht. Er hat ein Schreiben der P. J. gGmbH mit Beurteilung und Einschätzung seiner beruflichen Eingliederung vom 14. März 2016 vorgelegt (nach unserer Meinung gibt der Arbeitsmarkt keine passende sozialversicherungspflichtige Stelle ab 15 Stunden wöchentlich her) und eine ärztliche Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. H. vom 15. März 2016 (der Kläger leide seit langem an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus, PNPen mit Schmerzen und Dysästhesien, nächtlichen Hypoglykämien und sei dadurch derzeit nur bedingt arbeitsfähig) und einen Arztbrief des Orthopäden Dr. K.-A. vom 26. Januar 2015 vorgelegt.

Das SG hat behandelnde Ärzte des Kläger schriftlich als Sachverständige Zeugen zu den von ihnen erhobenen Befunden und ihrer Einschätzung des Leistungsvermögen angehört. Über die von ihnen erhobenen Befunde und ihrer Einschätzung des Leistungsvermögens haben die Fachärztin für Neurologie F. am 19. November 2015 (einmalige ambulante Untersuchung am 21. September 2015, D: polyneuropathisches Syndrom als Folge des langjährig bestehenden Di...

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