Entscheidungsstichwort (Thema)
unwirksame Zustellung ins Ausland. Algerien. ehemalige DDR. Sozialversicherungsabkommen. Arbeitskräfteabkommen DDR/Algerien vom 11.4.1974. Arbeitsunfall. Übergang der Versicherungslast auf algerische Sozialversicherungskasse. Nichtanwendbarkeit der Übergangsregelungen
Leitsatz (amtlich)
Zur Regelung des Übergangs der (Unfall-)Versicherungslast im Arbeitskräfteabkommen zwischen der früheren DDR und Algerien vom 11.4.1974. Auf die hiervon erfassten Versicherungsfälle sind die Übergangsvorschriften des § 215 SGB 7 iV mit §§ 1148ff RVO nicht anwendbar.
Orientierungssatz
Hat das SG bei einer Zustellung ins Ausland mit seiner unbefristeten Aufforderung ohne Fristsetzung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland eine Zustellung durch einfachen Brief angekündigt, den angefochtenen Gerichtsbescheid aber eingeschrieben mit Rückschein durch Aufgabe zur Post abgesandt und außerdem weder im Zusammenhang mit der Aufforderung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten im Inland noch in der dem angefochtenen Gerichtsbescheid beigefügten Rechtsmittelbelehrung auf einen Beginn des Laufs der Rechtsmittelfrist ab diesem Zeitpunkt (Aufgabe zur Post) hingewiesen, so hat die 3-monatige Berufungsfrist nicht zu laufen begonnen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls, den er während seiner Beschäftigung bei dem VEB (Volkseigener Betrieb) Se. W. am 16.11.1977 oder am 15.09.1977 erlitten hat.
Der ... ....1951 geborene Kläger ist algerischer Staatsangehöriger. Er war im Rahmen des Abkommens vom 11.4.1974 zwischen den Regierungen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) und der Demokratischen Volksrepublik Algerien über die Zusammenarbeit bei der zeitweiligen Beschäftigung algerischer Werktätiger bei gleichzeitiger Vermittlung von beruflichen Erfahrungen sowie der Qualifizierung im Prozeß produktiver Tätigkeit in sozialistischen Betrieben der DDR (im Folgenden: Arbeitskräfteabkommen) von Juni 1975 bis Juni 1979 als Hafenarbeiter bei dem VEB S. W. beschäftigt. Im Juni 1979 kehrte der Kläger nach Algerien zurück.
Am 30.10.1997 beantragte der Kläger bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) Entschädigung wegen eines Arbeitsunfalls vom 16.11.1977. Er habe beim Abladen von Eisenteilen von einem Schiff mit dem Kran eine Verletzung am 4. Finger der rechten Hand erlitten, als ihm das Eisen auf die Hand gefallen sei. Im Krankenhaus sei ihm das Endglied des 4. Fingers der rechten Hand amputiert worden. Er sei deswegen bis 16.12.1977 arbeitsunfähig gewesen. Eine Entschädigung habe er nicht erhalten mit der Begründung, der Schaden sei hierfür nicht ausreichend groß. Er habe aber jetzt deswegen Schmerzen, vor allem im Winter. Der Kläger fügte eine Fotografie von sich mit der verletzten Hand bei sowie eine ärztliche Bescheinigung des Orthopäden und Chirurgen Dr. B., S., vom 26.04.1998. Außerdem legte er Unterlagen bei über seine Mitgliedschaft im FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund) vom 01.08.1975 bis 06.06.1979, über seine Ausbildung zum Hafenfacharbeiter in W und eine Bescheinigung über die Teilnahme am Deutschunterricht. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 11.08.1998 ab, weil er aufgrund des Arbeitskräfteabkommens nach seiner Rückkehr nach Algerien nur Ansprüche gegen seinen Heimatstaat habe. Die DDR habe auch die im Arbeitskräfteabkommen vorgesehenen Ausgleichszahlungen an Algerien geleistet. Im übrigen liege bei ihm keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Mindestgrad vor. Auch deshalb könne er keine Entschädigung vom deutschen Unfallversicherungsträger erhalten.
Dagegen legte der Kläger mit einem in deutscher Sprache abgefaßten Schreiben vom 08.09.1998, bei der Beklagten eingegangen am 13.10.1998, Widerspruch ein. Zur Begründung brachte er vor, er könne wegen der Unfallfolgen nicht mehr richtig arbeiten und habe auch keine Ansprüche gegen den algerischen Sozialversicherungsträger. Er fügte dem Widerspruchsschreiben den Briefumschlag bei, mit dem ihm die Beklagte den Bescheid vom 11.08.1998 übersandte hatte; dieser trägt auf der Rückseite einen Stempel der Postverwaltung in T. mit Datum 02.09.1998. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.1998 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger hat den Widerspruchsbescheid laut Rückschein am 21.12.1998 erhalten.
Mit Schreiben vom 06.01.1999, abgefaßt in deutscher Sprache, erhob der Kläger am 11.02.1999 bei der Beklagten Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Ergänzend brachte er vor, als Unfallfolgen habe er starke Belastungsbeschwerden. Er legte seinen Arbeitsvertrag vom 09.06.1975 vor, der nach seiner Präambel auf der Grundlage des Arbeitskräfteabkommens abgeschlossen wurde. Das SG wies den Kläger darauf hin, daß er einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen müsse. Andernfalls könnten Zustellungen an ihn mit einfachem Brief erfolgen. Auf Anforderung des SG legte die Beklagte das Arbeitskräfteabkommen vom 11.04....