Entscheidungsstichwort (Thema)

Qualifikationsgruppeneinstufung. rumänische Beitragszeit als Facharbeiter. Qualifikationsniveau

 

Leitsatz (amtlich)

Die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) der Anlage 13 zum SGB 6 ist auch dann anzuerkennen, wenn die Berufsausbildung in Rumänien zwar nur acht Monate dauerte, im Anschluss hieran jedoch eine Facharbeiterprüfung bestanden und ein Facharbeiterbrief ("carnet de muncitor califikat") ausgehändigt wurde.

 

Orientierungssatz

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts spiegeln die Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB 6 in direkter Anwendung die Berufswelt der DDR wider (vgl BSG vom 24.7.2003 - B 4 RA 61/02 R = SozR 4-2600 § 256b Nr 2).

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 18.12.2002 und der Bescheid vom 08.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2002 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger höhere Altersrente unter Einstufung der Zeit vom 1.11.1968 bis 15.07.1973 in Qualifikationsgruppe 4 der Anl. 13 zum SGB VI zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist im vorliegenden Berufungsverfahren noch streitig, ob eine in Rumänien zurückgelegte und nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannte Versicherungszeit vom 1.8.1968 bis 15.7.1973 einer höheren Qualifikationsgruppe zuzuordnen und dem Kläger höhere Altersrente zu gewähren ist.

Nach dem Besuch von sieben Grundschulklassen arbeitete der 1941 geborene Kläger vom 1.10.1959 bis 24.5.1965 als Arbeiter in der Milchverarbeitung, anschließend bis zum 29.6.1965 als Verkäufer auf Provisionsbasis in einer Lottoagentur. Anschließend leistete er bis zum 20.12.1966 seinen Wehrdienst ab. Vom 20.1.1967 bis 30.11.1967 war er Lagerverwalter in einem regionalen Handelsunternehmen, vom 1.12.1967 bis 2.9.1972 arbeitete er als Dreher in einem staatlichen Industrieunternehmen und vom 3.9.1972 bis 12.4.1978 als Hilfsmeister in der Textilindustrie. Dann siedelte er nach Deutschland über. Er ist als Vertriebener anerkannt.

In der Zeit vom 1.12.1967 bis 31.7.1968 machte er einen Qualifizierungskurs am Arbeitsplatz im Beruf eines Drehers und erhielt nach am 31.7.1968 bestandener Prüfung hierüber den Facharbeiterbrief (“carnet de muncitar califikat „) Nr. 59 des Ministeriums für Leichtindustrie, Generaldirektion der Geräte- und Ersatzteile-Industrie vom 21.10.1968. Der genaue Tag der Aushändigung des Facharbeiterbriefs kann nicht mehr festgestellt werden. 1972/1973 besuchte der Kläger den zwölfmonatigen Qualifizierungskurs II. Grades für den Beruf eines Meistergehilfen, die Prüfung bestand er im Juni 1973.

Mit Bescheid vom 3.9.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente für Schwerbehinderte ab 1.10.2001 in Höhe von 1632,81 DM. Sie legte der Rentenberechnung Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter mit der Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 5 für die Zeit vom 1.9.1959 bis 12.4.1978 (unterbrochen durch Beitragszeiten für Ableistung des Grundwehrdienstes) zugrunde.

Auf den dagegen eingelegten Widerspruch erließ die Beklagte den Teilabhilfebescheid vom 8.5.2002 (1831,59 DM ab 1.10.2001) und legte darin der Rentenberechnung für den Zeitraum vom 16.7.1973 bis 12.4.1978 die Qualifikationsgruppe 4 zugrunde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 26.11.2002).

Dagegen hat der Kläger am 18.12.2002 Klage zum Sozialgericht Heilbronn erhoben und vorgebracht, aus dem von ihm vorgelegten Facharbeiterbrief ergebe sich, dass er die Facharbeiterprüfung am 31.7.1968 bestanden habe und er habe auch seit 1.8.1968 eine Facharbeitertätigkeit als Eisendreher ausgeübt. Dass er ab 1.8.1968 in die Qualifikationsgruppe 4 einzustufen sei, ergebe sich unter anderem auch aus dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 14.5.2003 (B 4 RA 26/02 R).

Mit Urteil vom 18.11.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Einstufung seiner Beschäftigung in Rumänien für die Zeit vom 1.8.1968 bis 15.7.1973 in die Qualifikationsgruppe 4. Nachdem der Kläger zuvor keine einem Dreher ähnliche oder verwandte Tätigkeit ausgeübt habe und der Qualifizierungskurs am Arbeitsplatz lediglich acht Monate gedauert habe, könne nicht davon ausgegangen, dass mit dieser achtmonatigen Ausbildung das Niveau einer Facharbeiterausbildung im Sinne des DDR-Rechts erreicht worden sei. Die Facharbeiterausbildung in der ehemaligen DDR habe bei einer Vollzeitausbildung je nach Ausbildungsberuf und schulischer Vorbildung zwischen eineinhalb und vier Jahren gedauert. Mit dieser kurzen Ausbildung nur in Form eines Qualifizierungskurses am Arbeitsplatz könne damit ein Facharbeiterniveau nach DDR-Recht in keinster Weise erreicht worden sein. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger einen rumänischen Facharbeiterbrief vorweisen könne. Maßgeblich sei nicht alleine der Besitz eines Facharbeiterbriefes, sondern d...

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