Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Auskunftsansprüche gegenüber Unterhaltspflichtigen. zivilrechtliche Natur des Auskunftsanspruchs nach § 33 Abs 1 S 4 SGB 2 iVm § 1605 BGB. öffentlich-rechtliche Natur der Auskunftsansprüche nach § 60 SGB 2. kein Auskunftsanspruch bei bestandskräftiger Ablehnung des Leistungsantrags, fehlendem Leistungsbezug und fehlender Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft. sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Grundsicherungsträger ist nicht berechtigt, gegenüber einem Dritten eine Auskunftspflicht nach § 60 Abs 1 S 1 SGB 2 bzw § 60 Abs 2 S 1 SGB 2 zu begründen, wenn der Dritte zwar leistet bzw leistungsverpflichtet ist, der Leistungsempfänger bzw Leistungsberechtigte jedoch weder tatsächlich irgendwelche Leistungen des Grundsicherungsträgers erhält, noch Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ist und sein Leistungsantrag nach dem SGB 2 vom Grundsicherungsträger bereits bestandskräftig abgelehnt wurde.

2. Liegen keine Anhaltspunkte vor, die eine Festlegung des Streitwerts nach § 52 Abs 1 und 3 GKG (juris: GKG 2004) ermöglichen, ist vom Auffangstreitwert nach § 52 Abs 2 GKG (juris: GKG 2004) auszugehen; eine Veränderung (Reduzierung bzw Erhöhung) dieses Betrages kommt dann nicht mehr in Betracht.

 

Orientierungssatz

1. Der Auskunftsanspruch nach § 33 Abs 1 S 4 SGB 2 iVm § 1605 BGB ist zivilrechtlicher Natur und damit auch nur zivilrechtlich durchsetzbar.

2. Die Auskunftsansprüche des § 60 SGB 2 sind öffentlich-rechtlicher Natur und können durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden (vgl BSG vom 24.2.2011 - B 14 AS 87/09 R = BSGE 107, 255 = SozR 4-4200 § 60 Nr 1 und LSG Essen vom 4.12.2007 - L 19 B 130/07 AS = Breith 2008, 353).

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger zur Auskunft verpflichtet ist.

Der 1977 geborene Kläger ist der Vater des 1997 geborenen Chris G., der mit seiner Mutter im Zuständigkeitsbereich der Beklagten wohnt. Der Kläger war zumindest Ende 2007 als Kraftfahrer, später als Magazinchef, berufstätig.

Am 5. November 2007 sprach der Kläger beim Landratsamt Wa. vor und ließ seine Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 231,00 Euro monatlich beurkunden. Diesen Unterhalt leistet er auch.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2009 bewilligte die Beklagte der Mutter des Chris G. sowie dessen Halbbruder für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Chris G. wurden keine Leistungen bewilligt, da das für ihn berücksichtigte Einkommen seinen von der Beklagten errechneten Bedarf überstieg. Hierzu ergingen Änderungsbescheide vom 5. und 6. März 2009, die wiederum Chris G. keine Leistungen zuerkannten.

Mit einem als “Mitteilung an Unterhaltspflichtige gemäß § 33 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)„ überschriebenen Schreiben vom 8. Januar 2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie seinem Sohn seit dem 23. Mai 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gewähre und bisher den gezahlten Unterhalt in Höhe von 231,00 Euro berücksichtige. Sie forderte den Kläger auf, zur Prüfung ob und inwieweit ein Unterhaltsanspruch ihm gegenüber ausgeschlossen sei, den beigefügten Auskunftsbogen auszufüllen und an sie zurück zu schicken. Sie führte weiter aus, daneben stützt sich das Auskunftsverlangen auch auf die öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht gem. § 60 SGB II.

Mit einem weiteren als “Mitteilung an Unterhaltspflichtige gemäß § 33 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)„ überschriebenen Schreiben vom 2. Februar 2009 forderte die Beklagte den Kläger erneut zur Auskunftserteilung auf. Wieder wies die Beklagte darauf hin, dass sich das Auskunftsverlangen “daneben„ auch auf die öffentlich-rechtliche Auskunftspflicht gem. § 60 SGB II stütze.

Mit Schreiben vom 4. Februar 2009, bei der Beklagten am 6. Februar 2009 eingegangen, fragte der Kläger nach, warum die Beklagte von ihm Auskünfte haben wolle und was seine Frau damit zu tun habe. Sein Sohn habe nach dem letzten Bewilligungsbescheid keine Leistungen von der Beklagten erhalten. Insofern könne auch kein Unterhaltsanspruch auf sie übergegangen sein. Er zahle Unterhalt wie es nach der Düsseldorfer Tabelle Pflicht sei und habe dafür eine vollstreckbare Ausfertigung unterschreiben müssen.

Mit Schreiben vom 3. März 2009 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Chris G. keinen Anspruch auf Leistungen habe. Bei ihm werde aber anteilig Kindergeld angerechnet. Wenn er einen höheren Anspruch auf Unterhalt habe, so könne ein höherer Anteil an Kindergeld bei seiner Mutter angerechnet werden mit der Folge, dass die Beklagte insgesamt geringere Leistungen erbringen müsse. Insofern sei das Auskunftsersuchen gerechtfertigt.

Der Kläger mach...

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