Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Sperrzeit. wichtiger Grund. vorgeburtliche Erziehungsgemeinschaft. besondere Härte
Orientierungssatz
Die Herstellung einer vorgeburtlichen Erziehungsgemeinschaft ist nicht als wichtiger Grund iS von § 119 Abs 1 S 1 Nr 1 AFG anzusehen und rechtfertigt regelmäßig nicht die Annahme einer besonderen Härte.
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) wegen Eintritts einer Sperrzeit ablehnen durfte.
Die 1965 geborene Klägerin meldete sich am 26. Juni 1995 mit Wirkung zum 1. Juli 1995 beim Arbeitsamt (AA) M. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Zuvor war sie von Januar 1992 bis 30. Juni 1995 beim SOS Kinderdorf e.V. in S. als pädagogische Mitarbeiterin tätig. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung vom 22. Februar 1995 zum 30. Juni 1995. Es galt eine Kündigungsfrist von 6 Wochen zum Ende des Kalendervierteljahres. In ihrer Stellungnahme gab sie an, wegen der im März 1995 festgestellten Schwangerschaft (Entbindungstermin 13. November 1995) habe sie sich gezwungen gesehen, das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1995 zu beenden, um mit ihrem Lebenspartner gemeinsam die Erziehungspflichten für das erwartete Kind zu übernehmen. Dies sei wegen des Arbeitsplatzes in S. ohne Aufgabe des Arbeitsverhältnisses unmöglich gewesen. Einen Alternativarbeitsplatz habe der Arbeitgeber nicht stellen können, wegen des Umzugs habe sie den Arbeitsplatz durch den Erziehungsurlaub nicht sichern können. Eine spätere Kündigung wäre in die Mutterschutzfrist gefallen. Eine Heirat sei nicht geplant.
Mit Bescheid vom 21. Juli 1995 teilte das AA der Klägerin mit, im Zeitraum vom 1. Juli bis 22. September 1995 ruhe der Anspruch auf Alg wegen Eintritts einer Sperrzeit, die Anspruchsdauer mindere sich um 78 Tage. Ein wichtiger Grund für die Eigenkündigung habe nicht vorgelegen. Mit Bescheid vom 25. Juli 1995 bewilligte das AA Alg in Höhe von 327,-- DM pro Woche ab 23. September 1995.
Am 10. August 1995 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie habe das Beschäftigungsverhältnis aus wichtigem Grund gekündigt, der in der Herstellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft liege. Diese sei anzuerkennen, da auch das Einkommen eines nichtehelichen Lebenspartners angerechnet werde. Der Umzug sei insbesondere deshalb erforderlich gewesen, um dem Kind von Geburt an den Kontakt zum leiblichen Vater zu ermöglichen, was zum Wohl des Kindes notwendig gewesen sei. Den Widerspruch wies das AA mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 1995 zurück. Ein wichtiger Grund liege nicht vor, es sei der Klägerin zuzumuten gewesen, das Beschäftigungsverhältnis wenigstens bis zum Beginn der Mutterschutzfrist fortzusetzen.
Am 24. November 1995 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Mannheim erhoben. Das Bestehen der Schwangerschaft stelle einen wichtigen Grund für den Zusammenzug dar, auf den Zeitpunkt der Kündigung komme es deshalb nicht an. Im übrigen habe sie nur zum Quartalsende kündigen können, der nächste Kündigungstermin wäre also Ende September gewesen. In der Zeit des Mutterschutzes sei ihr jedoch kein Umzug zumutbar gewesen. Sie habe auch die Interessen ihres Arbeitgebers wahren müssen. Sie habe in der Einzelbetreuung mit Jugendlichen gearbeitet. Diese seien im Sommer entlassen worden. Sie hätte also im August/September neue Jugendliche zur Betreuung übernehmen müssen. Dies wäre aus pädagogischen Gründen unsinnig gewesen.
Mit Urteil vom 19. März 1996 hat das SG den Bescheid vom 21. Juli 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Oktober 1995 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ab 1. Juli 1995 Alg zu zahlen. Der Wunsch der Klägerin, schon vor der Geburt des Kindes eine Lebensgemeinschaft mit dem Vater des Kindes zu gründen, sei ein wichtiger Grund im Sinne von § 119 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Eine gefestigte Lebensgemeinschaft habe eine große Bedeutung für das Wohl des Kindes. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die die Herstellung einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft nicht als wichtigen Grund ansehe, könne es sich nicht anschließen.
Gegen das ihr am 22. April 1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. Mai 1996 Berufung eingelegt. Die Klägerin habe selbst gekündigt, ohne einen Anschlußarbeitsplatz zu haben, also die Arbeitslosigkeit grob fahrlässig herbeigeführt. Hierfür sei die Herstellung der eheähnlichen Lebensgemeinschaft kein wichtiger Grund. Dies gelte auch in Anbetracht der Schwangerschaft. Dies folge schon aus dem Kündigungsdatum, welches vor der von der Klägerin behaupteten Feststellung der Schwangerschaft liege. Der allgemeine Wunsch, zum Lebenspartner zu ziehen, sei nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kein wichtiger Grund. Darüber hinaus decke ein eventuell anzunehmender wichtiger Grund nicht den Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 19. März 1996...