Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Umwandlung eines bewilligten Darlehens in einen Zuschuss. keine Anwendbarkeit des § 44 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. Keine Umwandlung darlehensweise gewährter Sozialhilfe in eine Gewährung als verlorener Zuschuss im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB 10.
2. Darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe stellt kein Minus sondern ein Aliud gegenüber einer Gewährung als Zuschuss dar (Anschluss an BSG vom 31.3.1992 - 9b RAr 17/90 = DBIR 3906a, AFG/§ 44).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 21. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im sogenannten “Zugunstenverfahren„ gemäß § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) die Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 29.06.1992 dahingehend, dass die dort bewilligten Leistungen nicht als Darlehen gemäß § 89 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), sondern als “verlorener Zuschuss„ bewilligt werden sollen. Die Beteiligten streiten in dem Zusammenhang insbesondere über die Anwendbarkeit von § 44 SGB X und darüber, ob § 44 Abs. 4 SGB X dem Begehren der Klägerin entgegen steht.
Die 1939 geborene Klägerin beantragte am 24.02.1992 die Gewährung von Sozialhilfe bei der Beklagten. Sie war Eigentümerin einer 2-Zimmer-Wohnung in G., deren Verkehrswert von der Gemeinde mit 209.344,00 DM angegeben wurde (Schreiben vom 11.05.1992, Bl. 121 Verwaltungsakten - VA). Mit Erklärung vom 23.04.1992 (Bl. 111 VA) wurde der Klägerin im Vorfeld der Entscheidung über ihren Antrag mitgeteilt, dass die Hilfegewährung im Hinblick auf verwertbares Vermögen darlehensweise erfolgen solle.
Mit Bescheid vom 29.06.1992 (Bl. 149 VA) bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 24.02.1992 Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) nach dem BSHG. Die Bewilligung erfolgte als Darlehen gemäß § 89 BSHG, gesichert durch Eintragung einer Sicherungshypothek über 33.100,00 DM auf die Wohnung der Klägerin in G.. Die laufende Bewilligungssumme belief sich ab dem 01.07.1992 auf 994,00 DM. Der Betrag wurde zum Teil (in Höhe von 460,00 DM) an die Klägerin, im Übrigen unmittelbar an Dritte ausgezahlt.
Mit notariellem Vertrag vom 27.08.1992 (Bl. 171 ff. VA) gewährte die Beklagte der Klägerin ein Darlehen in Höhe von 33.100,00 DM gegen die Eintragung einer Sicherungshypothek auf die von ihr bewohnte Wohnung in G.. In § 3 des Vertrages wurde als Fälligkeitstermin für das Darlehen der 24.02.1992 vereinbart; als Zinssatz 10 % ab Fälligkeit.
Im Zeitraum seit der Bewilligung der Leistungen bis zum 27.06.2003 ergingen insgesamt 19 Änderungsbescheide, mit denen die monatlichen Leistungen der Höhe nach neu berechnet und angepasst wurden. Nach der Bewilligung von Altersrente durch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) ab dem 01.08.2004 mit Bescheid vom 29.10.2004 (vgl. Bescheinigung der BfA vom 29.10.2004, Bl. 1479 VA) hob die Beklagte die Bewilligung mit Bescheid vom 08.11.2004 (Bl. 1509 VA) mit Wirkung ab dem 01.10.2004 auf.
Im Rahmen des Verkaufes der Wohnung im ersten Quartal 2007 bezifferte die Beklagte auf Anfrage des Betreuers der Klägerin (Bl. 1583 VA) zunächst die ihr zustehende Forderung mit 16.923,76 €, später dann - im Verfahren über die Ablösung der Sicherungshypothek - wegen der vereinbarten Verzinsung auf insgesamt 42.194,37 €. Von der Zahlung dieser Summe machte die Beklagte ihre Zustimmung zur beantragten Löschung der Sicherungshypothek im Zuge des Wohnungsverkaufes abhängig (Schreiben an Notariat Freiburg und Betreuer der Klägerin vom 08.02.2007, Bl. 1621-1625 VA). Am 14.03.2007 gingen bei der Beklagten 42.929,13 € ein.
Am 11.03.2008 ging bei der Beklagten ein Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein, mit welchem die Auskehr von 25.270,61 € gefordert wurde. Die Regelung über die Verzinsung in § 3 des Darlehensvertrages sei wegen §§ 45 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 58 Abs. 2 Nr. 4 SGB X und darüber hinaus wegen § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig. Bislang fordere die Klägerin nur den genannten Betrag. Sofern dieser nicht beglichen werde, müsse geprüft werden, ob der Vertrag im Ganzen nichtig sei. In diesem Fall müssten die gesamten 42.194,37 € von der Beklagten gefordert werden.
Mit Bescheid vom 11.04.2008 lehnte die Beklagte die Zahlung des geforderten Geldbetrages ab. Eine Zinserhebung sei bei Darlehensverträgen gem. § 89 BSHG üblich gewesen. Der Zinssatz habe 2 % über dem am 30.06.1991 gültigen Basiszinssatz von 8 % gelegen. Eine Zinsanpassung habe die Klägerin nie eingefordert. Durch die geleistete Zahlung habe die Klägerin die Forderung der Beklagten anerkannt. Auf die hierauf bei dem Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Leistungsklage (S 12 SO 2670/08) verurteilte das SG die Beklagte mit rechtskräftig gewordenem Gerichtsbescheid vom 19.10.2010 (Bl. 1963 VA) zur Zahlung von 25.270,61 € an die Klägerin.
Mit Schreiben vom 22.07.2008 beantragte ...