Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Grundsicherung bei Erwerbsminderung. gesetzlich Krankenversicherter. keine Übernahme der Kosten für Zahnimplantatversorgung. kein Darlehen wegen unabweisbarem Bedarf im Einzelfall. keine Hilfe in sonstigen Lebenslagen

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei völliger Zahnlosigkeit mit fortgeschrittener Kieferatrophie besteht weder ein Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf die Gewährung eines Zuschusses noch eines Darlehens zum Zwecke einer Finanzierung implantatgestützten Zahnersatzes. Vielmehr ist der Sozialhilfeempfänger wie alle gesetzlich Krankenversicherten in diesem Fall auf die Versorgung mit einem "normalen" Zahnersatz/-Prothese zu verweisen.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 7. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Übernahme der Kosten für implantatgestützten Zahnersatz.

Der 1944 geborene Kläger ist bei der B. B. krankenversichert. Er hat bei fortgeschrittener Atrophie mittlerweile zahnlose Ober- und Unterkiefer. Am 07.04.2008 beantragte er deshalb bei der Krankenkasse die Versorgung mit Kieferimplantaten gemäß vorgelegten Heil- und Kostenplänen des Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen Dr. Dr. E. vom 01.04.2008. Diese sahen die Versorgung des Unterkiefers mit vier Implantaten, ersatzweise mit zwei Implantaten, sowie des Oberkiefers mit vier Implantaten vor. Die Gesamtkosten der Implantation bezifferte er auf “ca. 2.070,00 Euro bis ca. 2.560,00 Euro„. Die B. B. holte im Verwaltungsverfahren bei Dr. C. ein zahnärztliches Gutachten ein. Dieser verneinte das Vorliegen einer Ausnahmeindikation für eine Implantatversorgung auch bei atrophiertem zahnlosem Kiefer. Die B. B. lehnte hierauf den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 06.06.2008 ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ebenso erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30.10.2008) wie die beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobene Klage (Az. S 12 KR 7692/08; Gerichtsbescheid vom 28.04.2009) und die nachfolgend eingelegte Berufung (Az. L 11 KR 2055/09, Urteil vom 07.07.2009).

Der Kläger erhält von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (vgl. Bescheide vom 17.12.2009, vom 08.01.2010, vom 08.07.2010 und vom 24.08.2010). Mit Schreiben vom 04.01.2010 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf ein mit der Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau N., geführtes Gespräch die Übernahme der vom Zahnarzt veranschlagten 2.070,00 Euro. Er legte den Heil- und Kostenplan in Kopie vor. Mit Schreiben vom 05.01.2010 verwies er darauf, dass er mit dem Arzt vereinbart habe, dass Ratenzahlung möglich sei. Prothesen hätten sich mehrfach als “untauglich„ erwiesen und würden stets gewechselt und zerstört. Am Ende verursachten sie die gleichen Kosten.

Mit Bescheid vom 07.01.2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da für die Kostenübernahme vorrangig die Krankenkasse zuständig sei. Die Kosten für ein Zahnimplantat könnten im Rahmen des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) nicht gewährt werden, da nicht vorgesehen sei, Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII gegenüber krankenversicherten Personen besser zu stellen.

Mit dem am 18.01.2010 erhobenen Widerspruch führte der Kläger aus, mit der Sachbearbeiterin Frau N. habe er sich - “entgegen anderslautender Behauptung„ sowohl im Bescheid als auch in einem in Kopie vorgelegten Schreiben der B. B. vom 11.01.2010 - in einem Beratungsgespräch vom 17.12.2010 nach Erörterung des Sachverhalts und im Hinblick auf eine mehrfach festgestellte Untauglichkeit der Prothesen (auch angesichts eines an der Universität H. durchgeführten Jura-Studiums, in dessen Verlauf Vorträge in Seminaren vorzutragen seien) “dahingehend geeinigt„, dass es sich um einen Härtefall handele, so dass ein einmaliger Antrag auf Mehrbedarf verfassungsrechtlich rechtens gestellt werden müsse, was geschehen sei. Frau N. als erfahrene Sachbearbeiterin sei von Anfang an bewusst gewesen, worum es sich gehandelt habe. Deshalb habe es sich um eine Zusicherung gehandelt, “wonach ich bei der B. den Antrag vom 17.12.2009 stellte„. Es handele sich um eine “angemessene Alterssicherung„. Beigefügt war ein Schreiben der B. B. vom 10.01.2010, in welchem dem Kläger mitgeteilt wurde, dass sich der erhöhte Festzuschuss nur auf die Regelversorgung beim Zahnersatz beziehe. Nach Rücksprache mit der Sachbearbeiterin der Beklagten, Frau N., habe diese mitgeteilt, dass ihr nicht klar gewesen sei, dass es sich im Falle des Klägers um eine Versorgung mit Implantaten handele. Der Kläger habe mit seinem Zahnarzt eine Mehrkostenvereinbarung geschlossen, an welcher sich die B. B. nicht beteiligen könne. Dies könne der Kläger auch aus dem bisher geführten Schriftwechsel zum Heil- und Kostenplan vom April 2008 entnehmen.

In dem Vermerk der Sachbearbeiterin N. vom 26.01.2010 über die Durchführung der Abhilfeprüfung findet sich folgender Passus: Der Kläger “hätte die bei der B...

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