Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Studenten. Ende der Versicherungspflicht bei Beginn nach dem 30. Lebensjahr
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten endet, wenn sie erst nach dem 30. Lebensjahr begonnen hat.
Orientierungssatz
In § 5 Abs 1 Nr 9 Halbs 2 SGB 5 wurde nicht ausdrücklich eine absolute (Verlängerungs-)Grenze normiert. Allerdings ist eine solche (Verlängerungs-)Grenze der Regelung des § 5 Abs 1 Nr 9 SGB 5 immanent. Dies ergibt sich daraus, dass der Gesetzgeber mit der Vorschrift die (für Studenten kostengünstige) Versicherungspflicht der Studenten auf eine Höchstdauer der Fachstudienzeit und auf ein Höchstalter bewusst begrenzt hat.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Ende der Versicherungspflicht des Klägers in der Krankenversicherung der Studenten (KVdS).
Der 1963 geborene Kläger leidet bereits seit Mitte der 90er Jahre an einer rezidivierenden depressiven Störung. Seit März 1996 befand er sich deswegen in einer psychotherapeutischen Behandlung, die der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Dr. B. durchführte. Dieser diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, eine Dysthymia, eine Phobie (Angststörung) insbesondere in Entscheidungs- und Leistungssituationen und eine Psychasthenia (Attest vom 20. Januar 2007, Bl 187 der Verwaltungsakte). Im Mai 2006 wurde bei ihm ein Asperger Syndrom und eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) diagnostiziert (Attest des Oberarztes Prof. Dr. Dr. F. vom 9. August 2007 vom Zentrum für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum H.; Bericht der Oberärztin Dr. P. vom 10. Oktober 2008 vom Zentralen Institut für seelische Gesundheit in M.).
Im März 1983 immatrikulierte er sich an der R.-K.-Universität H. (Magisterstudiengang mit Hauptfach politische Wissenschaft und den Nebenfächern mittlere und neuere Geschichte sowie Philosophie). Während dieser Zeit nahm er nach seinen eigenen Angaben an drei länger dauernden Psychotherapien teil, die ihn jedoch nicht dazu befähigten, das Magisterstudium abzuschließen. Während dieses (ersten) Studiums war er zunächst familienversichert, nach Vollendung des 25. Lebensjahrs pflichtversichert und nach Ablauf von 14 Fachsemestern freiwillig bei der Beklagten versichert. Nachdem er im März 1996 Kontakt zu Facharzt Dr. B. aufgenommen hatte, der ihm geraten hatte, seinen Studiengang abzubrechen, nahm er im Wintersemester 1996/97 im Alter von 34 Jahren das Studium der Rechtswissenschaft an der R.-K.-Universität H. auf. Auf seinen Antrag hin bestätigte die Beklagte seine Mitgliedschaft in der KVdS und verlängerte diese zuletzt bis zum 30. September 2008 (Bescheid vom 11. Mai 2007; Bl 206 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie überprüfen werde, ob die Versicherung der KVdS letztmalig für eine absehbare Zeit verlängert werden könne. Sie holte in diesem Zusammenhang die Auskunft des Facharztes Dr. B. vom 25. Februar 2009 ein, der mitteilte, der Kläger habe sich in den vergangenen beiden Jahren weiterhin in seiner fachärztlichen Behandlung befunden (zwei Behandlungstermine pro Quartal). Vom 28. Februar bis 8. Mai 2007 habe sich der Kläger einer teilstationären Behandlung in der Klinik für allgemeine Psychiatrie der Universität H. unterzogen. Grundsätzlich liege zwar Studierfähigkeit vor, allerdings sei seine studienerschwerende Behinderung - und hierbei insbesondere die depressiven Verstimmungszustände mit signifikanten Schwankungen - zu berücksichtigen. Der Kläger habe den Umfang der Teilnahme an den Vorlesungen seiner jeweiligen Belastbarkeit angepasst. Allein im Wintersemester 2007/08 habe er allerdings drei Leistungsnachweise erworben und im Sommersemester 2008 sämtliche Pflichtveranstaltungen und im Wintersemester 2008/09 ein Examinatorium in seinem Schwerpunktbereich absolviert. Die Beklagte holte daraufhin das Gutachten des Dr. M. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 31. März 2009 ein. Dieser gab an, der Kläger sei nun 45 Jahre alt und studiere im 52. Hochschul- bzw 25. Fachsemester. Seit dem Jahr 2007 erfolge eine spezifische Behandlung bezüglich des Asperger Syndroms und der ADHS-Krankheit, wobei bereits seit 1996 eine ambulante psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung stattgefunden habe. Aufgrund dieser Erkrankungen sei der Studienerfolg gefährdet. Im Fokus seines Studiums stehe nun die Vorbereitung der weiteren Prüfungen. Der Kläger sei derzeit in der Lage, sein Studium zielgerichtet, wenn auch teilweise verzögert, auszuüben. In der Zeit ab 2007 seien Zeiträume fehlender Studierfähigk...