Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Zulassungsbeschränkung. fachärztlicher Internist. Lungenarzt. lokaler oder besonderer Versorgungsbedarf. Beurteilungsspielraum. Zulassungsgremien. gerichtliche Rechtskontrolle
Orientierungssatz
1. Aus den Vorschriften der §§ 92 Abs 1 S 2 Nr 9 SGB 5 iVm den §§ 3ff BedarfsplRL-Ärzte (juris: ÄBedarfsplRL) folgt, dass die für die Niederlassung fachärztlicher Internisten angeordnete Zulassungsbeschränkung auch für Lungenärzte gilt. Diese Vorschriften verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.
2. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein lokaler oder besonderer Versorgungsbedarf iS von § 101 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5 iVm § 24a oder b BedarfsplRL-Ärzte vorliegt, ist den paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet, da sie eine Vielzahl von Faktoren (wie Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind, in ihre Entscheidung einbeziehen müssen. Demgegenüber unterliegt die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "großräumiger Landkreis" in § 24a BedarfsplRL-Ärzte uneingeschränkter gerichtlicher Rechtskontrolle.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. März 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 253.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Lungenarzt mit Vertragsarztsitz in A (Planungsbereich Landkreis B-H).
Dem 1954 geborenen Kläger (Approbation als Arzt 1986) wurde von der Bayerischen Landesärztekammer mit Urkunde vom 14.5.1997 das Recht zur Führung der Bezeichnung "Lungenarzt" verliehen (Verwaltungsakte S. 30). Außerdem absolvierte er eine Weiterbildung in Nuklearmedizin (organgebundene Diagnostik - Respirationssystem) und wurde als Allergologe anerkannt (Lebenslauf Verwaltungsakte S. 4). Von Mai 2002 bis Juni 2003 war der Kläger als Chefarzt der B-Klinik, F, beschäftigt. Derzeit betreibt er eine Privatpraxis in Bad B -
Am 14.10.2003 beantragte der Kläger beim Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk B (ZA) die Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung als Lungenarzt mit Vertragsarztsitz in A (Leistungsspektrum Verwaltungsakte S. 51). Er trug vor, in den Planungsbereichen Landkreis B-H und Landkreis L sei jeweils nur ein Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde niedergelassen, weshalb insoweit Unterversorgung bestehe.
Die Beigeladene Nr. 1 sprach sich gegen die Zulassung aus. Im Schreiben vom 16.1.2004 (Verwaltungsakte S. 49) legte sie dar, im Planungsbereich Landkreis B-H bestehe bei fachärztlichen Internisten ein Versorgungsgrad von 183,6% (Stand 29.10.2003). Es hätten sich 2 Pneumologen niedergelassen (Dr. R in Bad K und ab 1.4.2004 im Wege des Sofortvollzuges Dr. L in E). Die Entfernung zwischen A und Bad K betrage 17,4 km (Fahrzeit 23 Minuten). Im angrenzenden Planungsbereich Landkreis D betrage der Versorgungsgrad für fachärztliche Internisten 140,9 %. In D praktiziere ein niedergelassener Pneumologe. In der Stadt F hätten sich 4 Pneumologen bzw. Lungenfachärzte, in E habe sich 1 Lungenfacharzt niedergelassen. Zum Einzugsgebiet der pneumologischen Praxis in Bad K zählten etwa 115.000 Einwohner (insbesondere aus dem M). Die Bewohner des westlichen Landkreises B-H würden nicht berücksichtigt, da sie sich wegen der guten Verkehrsanbindung nach F orientierten und die pneumologische Versorgung in diesem Bereich durch die Verlegung des Vertragsarztsitzes der Dr. D nach B zum 1.1.2004 weiter verbessert werde. Der Berufsverband der Lungenärzte gehe zwar von einer Verhältniszahl für fachärztliche Internisten/Pneumologen von 1 Arzt für 80.000 bis 100.000 Einwohner aus. Auf Grund der dargelegten Patientenströme und der Einwohnerzahlen bestehe für einen zusätzlichen Pneumologen in A (M aber kein Bedarf. Was das in Rede stehende Leistungsspektrum des Klägers angehe, würden pneumologische sowie allergologische Leistungen größtenteils von Dr. R (Bad K) erbracht; die übrigen Leistungen, größtenteils Laborleistungen, auch onkologische Leistungen, stellten die niedergelassenen Ärzte anderer Fachbereiche sicher. Mukoviszidosepatienten würden von einem Kinderarzt in M bzw. einem Allgemeinarzt in H versorgt. Ein lokaler Sonderbedarf (§ 24 Satz 1 a Bedarfsplanungsrichtlinien-Ärzte, BedarfsplRL) in A könne wegen der geringen Entfernung zum nächstgelegenen Pneumologen in Bad K (17 km) nicht angenommen werden. Eine quantitative Versorgungslücke bestehe nicht, zumal diese den Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis e...