Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragspsychotherapeutische Versorgung. lokaler Versorgungsbedarf. Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien. eingeschränkte gerichtliche Kontrolle. unbestimmter Rechtsbegriff des großräumigen Landkreises unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Regelungen über lokalem Sonder- und Versorgungsbedarf stehen neben einander
Orientierungssatz
1. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein lokaler Versorgungsbedarf iS von § 24 S 1a BedarfsplRL-Ärzte (juris: ÄBedarfsplRL) vorliegt, ist den paritätisch besetzten ortsnahen und fachkundigen Zulassungsgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eröffnet, da sie eine Vielzahl von Faktoren (wie Anzahl und Leistungsangebot der niedergelassenen und ermächtigten Ärzte, Bevölkerungs- und Morbiditätsstruktur, Umfang und räumliche Verteilung der Nachfrage aufgrund der vorhandenen Verkehrsverbindungen), die für sich und in ihrer Abhängigkeit untereinander weitgehend unbestimmt sind, in ihre Entscheidung einbeziehen müssen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die durch Auslegung des Begriffs Versorgungsbedarf zu ermittelnden Grenzen eingehalten und die Subsumsionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl zB BSG vom 28.6.2000 - B 6 KA 35/99 R = BSGE 86, 242 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5).
2. Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs "großräumiger Landkreis" in § 24 S 1a ÄBedarfsplRL unterliegt uneingeschränkter gerichtlicher Rechtskontrolle (vgl ua LSG Stuttgart vom 13.11.2002 - L 5 KA 1247/02).
3. Die mit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (juris: VÄndG) eingeführte Feststellung lokalen Sonderbedarfs durch die Landesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen nach Maßgabe der §§ 100 Abs 3, 101 Abs 1 S 1 Nr 3a SGB 5 bzw des § 34a ÄBedarfsplRL tritt neben die Feststellung lokalen Sonderbedarfs durch die Zulassungsgremien nach Maßgabe des § 101 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB 5 bzw des § 24 S 1a ÄBedarfsplRL. Die letztgenannte Regelung gilt unverändert fort.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 18.4.2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 116.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Wege des Sonderbedarfs für einen Vertragspsychotherapeutensitz in S (Planungsbereich Landkreis L).
Der 1964 geborenen Klägerin, (u.a.) studierte Sinologin, wurde am 23.2.2002 durch das C. G. J Institut, Z, das Diplom in analytischer Psychologie verliehen. Mit Approbationsurkunde vom 17.7.2002 erteilte ihr das Regierungspräsidium Stuttgart die Approbation als psychologische Psychotherapeutin.
Am 27.1.2003 beantragte die Klägerin (erstmals) beim Zulassungsausschuss im Regierungsbezirk Freiburg (ZA) die Zulassung als psychologische Psychotherapeutin mit tiefenpsychologisch fundierter und analytischer Fachkunde in S (Landkreis L) aus Sonderbedarfsgründen. Zur Begründung führte sie aus, in S sowie im W gebe es keinen Psychotherapeuten mit analytischer Fachkunde; für Patienten bestünden Wartezeiten von 6 bis 12 Monaten. Der Bedarf nach entsprechenden Behandlungsleistungen sei deshalb nicht gedeckt. Trotz angeblicher Überversorgung bestehe in Wahrheit Unterversorgung. Sie behandele derzeit insgesamt 32 Patienten, davon 15 Patienten, deren Behandlungskosten von den gesetzlichen Krankenkassen im Wege der Kostenerstattung getragen würden (Angaben in der Sitzung des ZA vom 25.6.2003). Sie führe auch ohne Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung bereits eine Warteliste.
Die Beigeladene Nr. 1 trat der Erteilung einer Sonderbedarfszulassung wegen Überversorgung (Versorgungsgrad der Fachgruppe der Psychotherapeuten im Planungsbereich Landkreis L 140,5%) entgegen und gab an, im Landkreis L seien 6 psychologische und 8 ärztliche Psychotherapeuten für die analytische Psychotherapie bei Erwachsenen zugelassen. Eine psychologische Psychotherapeutin und eine ärztliche Psychotherapeutin seien in S niedergelassen. Für den Landkreis L seien freie Therapieplätze für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapien bei einem ärztlichen Therapeuten in G (21 km von S entfernt) gemeldet.
Mit Bescheid vom 8.7.2003 ermächtigte der ZA unter Berufung auf § 24 Satz 1a Bedarfsplanungs-Richtlinie-Ärzte (BedarfsplRL-Ärzte) die Klägerin zur Erbringung und Abrechnung von Behandlungsleistungen der tiefenpsychologisch fundierten und analytischen Psychotherapie bei Erwachsenen in Einzelbehandlung nach den Gebührennummern 860 bis 862, 866, 868, 870 bis 872 und 877 EBM für die Zeit vom 1.7.20...