Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Vorverfahrenskosten. Unzulässigkeit des Widerspruchs. Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes wegen Rückforderung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. fehlende Verwaltungsakteigenschaft
Orientierungssatz
Die nach Erlass eines Rückforderungsbescheides durch den Grundsicherungsträger vom Hauptzollamt übersandte Vollstreckungsankündigung ist selbst kein eigenständiger Verwaltungsakt iS des § 31 SGB 10. Kosten des Widerspruchsverfahrens können aufgrund der Unzulässigkeit des Widerspruchs nicht erstattet werden.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 15. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Kosten im Widerspruchsverfahren.
Unter dem Datum 18. Februar 2013 erhielt die Klägerin zwei Vollstreckungsankündigungen des Hauptzollamts L.-Vollstreckungsstelle (Bl. 19, 22 LSG-Akte). Es habe für die Bundesagentur für Arbeit (Regionaldirektion Hessen Forderungsmanagement) die Vollstreckung durchzuführen. Dabei handele es sich um einen zu vollstreckenden Verwaltungsakt des Jobcenters H. vom 24. August 2011 (Gesamtbetrag 427,80 €) sowie einen weiteren Bescheid des Jobcenters H. vom 24. Juli 2012 (82,02 €).
Hiergegen erhob die Klägerin am 23. Februar 2013 über ihren Bevollmächtigten zwei Widersprüche (Bl. 395 bzw. 403 der Verwaltungsakte-VA). Die im Bescheid vom 24. Juli 2012 genannte Erstattungsforderung sei durch Vergleich vor dem Sozialgericht Mannheim am 7. August 2012 im Verfahren S 7 AS 200/12 auf 51 € ermäßigt und zwischenzeitlich bezahlt worden. Gegen den Bescheid vom 24. August 2011 sei beim Sozialgericht Mannheim das Klageverfahren S 7 RS 3744/12 mit aufschiebender Wirkung anhängig.
Der Beklagte veranlasste darauf am 28. Februar 2013 die vorläufige Einstellung des Vollstreckungsverfahrens durch das Hauptzollamt (Bl. 419 VA).
Ein mit dem Ziel der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Widersprüche beim Sozialgericht Mannheim angestrengtes Eilverfahren (S 5 RS 923/13 ER) erklärte die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. April 2013 für erledigt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. April 2013 wies der Beklagte die Widersprüche als unzulässig zurück, weil die Vollstreckungsankündigungen vom 18. Februar 2013 keine Verwaltungsakte darstellten. Die entstandenen notwendigen Aufwendungen im Widerspruchsverfahren könnten der Klägerin nicht erstattet werden.
Am 22. Mai 2013 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim erhoben. Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, es handele sich bei den Schreiben des Hauptzollamtes entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten um Verwaltungsakte. Gegen die Androhung eines Zwangsmittels seien gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) die Rechtsmittel gegeben, die gegen den Verwaltungsakt zulässig seien, dessen Durchsetzung erzwungen werden solle. Nachdem von Seiten des Beklagten von der Vollstreckung Abstand genommen worden war, hat die Klägerin im Klageverfahren noch die Verurteilung des Beklagten zur Erstattung der Kosten in beiden Vorverfahren begehrt.
Mit Gerichtsbescheid vom 15. Oktober 2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Der angegriffene Widerspruchsbescheid sei auch hinsichtlich der abgelehnten Kostenerstattung rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X lägen nicht vor, denn ein zulässiger Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt sei nicht erhoben gewesen. Die Vollstreckungsankündigung sei kein Verwaltungsakt, denn ihr fehle es an einer Regelung im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 1 SGB X. Die Vollstreckungsankündigung als Zahlungsaufforderung sei selbst kein Verwaltungsakt, weil sie keine eigenständige Regelung enthalte; sie setze vielmehr einen Leistungs- bzw. Rückforderungsbescheid voraus (mit Verweis auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 14. September 2011, L 7 B 411/09 AS). Zum Rechtsschutz gegen die drohende Vollstreckung durch das Hauptzollamt sei die Klägerin auf den bei der Sozialgerichtsbarkeit eröffneten einstweiligen Rechtsschutz (§ 86 b Abs. 1 SGG) zu verweisen; diesen Rechtsschutz habe sie im Übrigen im Verfahren S 5 AS 923/13 ER auch erfolgreich in Anspruch genommen. Wenn sich wie hier eine Behörde über einen bestehenden Suspensiveffekt bzw. eine teilweise Aufhebung eines Verwaltungsaktes durch einen gerichtlichen Vergleich hinweg setze, sei es zur Vermeidung von Rechtsschutzlücken möglich, über eine entsprechende Anwendung des § 86 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG einstweiligen Rechtsschutz bei der Sozialgerichtsbarkeit in Anspruch zu nehmen. Eine weitere Möglichkeit des Rechtsschutzes hätte auch die Vollstreckungsabwehrklage gemäß §§ 202 SGG, 767 ZPO geboten, denn gemäß § 5 Verwaltungsvollstreckungsgesetz in Verbindung mit § 257 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung sei die Vollstreckung einzustellen, wenn die Vollstreckun...