Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 1 Nr 15 Buchst a SGB 7. medizinische Rehabilitationsmaßnahme auf Kosten der gesetzlichen Rentenversicherung. Nachsorgeleistung gem § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6. Auslegung: Bewilligungsbescheid der DRV. ambulantes Stabilisierungsprogramm
Leitsatz (amtlich)
1. Die sog Nachsorge schließt an eine (erfolgreiche) Leistung zur medizinischen Rehabilitation) an. Sie dient dazu, den Erfolg einer zuvor durchgeführten medizinischen Rehabilitationsmaßnahme langfristig zu sichern und zu stabilisieren. Sie ist deshalb selbst keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation.
2. Bewilligt der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung aber eine "Nachsorge" und ein üblicherweise im Rahmen der Nachsorge durchgeführtes Programm (hier: ambulantes Stabilisierungsprogramm) ausdrücklich "als Leistung zur medizinischen Rehabilitation", kommt es für die Abgrenzung, ob eine Nachsorge oder eine medizinische Rehabilitation durchgeführt wird, auf den Zweck der Maßnahme und die zur Anwendung kommenden Einzelmaßnahmen an.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 21.02.2017 und der Bescheid der Beklagten vom 22.09.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2016 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, das Ereignis vom 14.04.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung eines Arbeitsunfalls im Streit.
Bei der am …1965 geborenen Klägerin wurde im Mai 2014 wegen einer Fußdeformität eine korrigierende Arthrodese vorgenommen (Bl. 32 f. SG-Akte). Daraufhin befand sie sich vom 19.08.2014 bis 13.09.2014 zu Lasten der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (DRV) in stationärer medizinischer Rehabilitation in der T. II in Bad K., aus der sie mit einem unter dreistündigen Leistungsvermögen für ihre letzte berufliche Tätigkeit als Montiererin und Qualitätsprüferin und einem mehr als sechsstündigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entlassen wurde (Bl. 29 und 36 SG-Akte). Laut Reha-Entlassungsbericht (Bl. 29 ff. SG-Akte) wurde seitens der die Klägerin in der T. behandelnden Ärzte die Weiterführung der krankengymnastischen Behandlung in ambulanter Form sowie das konsequente Fortführen der erlernten krankengymnastischen Übungen in Eigenregie empfohlen und das ambulante Stabilisierungsprogramm der DRV (ASP) eingeleitet (Bl. 36 SG-Akte). Hinsichtlich der Einzelheiten dieses ASP wird auf Bl. 215 f. VA Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 14.10.2014 bewilligte die DRV der Klägerin eine „ambulante Nachsorge als Leistung zur medizinischen Rehabilitation“ in der Nachsorgeeinrichtung Reha-Klinik H. (Bl. 50 SG-Akte). Die Leistung sollte 24 Therapieeinheiten in einem Gesamtzeitraum von zwölf Monaten umfassen und am 05.01.2015 beginnen (Bl. 45 SG-Akte). Unter „Ergänzende Bestimmungen“ ist ausgeführt: „Die für Sie bewilligte Leistung zur medizinischen Rehabilitation hat das Ziel, Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden oder zu beseitigen, zumindest aber diese zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Dadurch soll Ihre Erwerbsfähigkeit erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden. Es liegt daher in Ihrem Interesse, an der Rehabilitation auch aktiv mitzuwirken. Hierzu gehört insbesondere die Einhaltung des Behandlungsplanes.“ Unter „Zusätze“ wurde die bewilligte Leistung im Zusammenhang mit der ausgewählten Einrichtung als ASP-Leistung bezeichnet. Hinsichtlich sämtlicher Einzelheiten und Formulierungen wird auf den Bescheid verwiesen.
Die Klägerin begann am 05.01.2015 mit der Maßnahme und nahm - ihren eigenen Angaben nach - wöchentlich zwei Behandlungstermine wahr, die jeweils circa eineinhalb bis zwei Stunden dauerten. Diese umfassten laut dem Bericht der Reha-Klinik H. (Bl. 45/RS SG-Akte) u.a. Ergometertraining ohne Monitoring (KTL-Code A022), Bewegungsbäder in der Gruppe (KTL-Code B062) und physiotherapeutische Behandlung in der Gruppe (KTL-Code B033).
Am 14.04.2015 rutschte die Klägerin in der Reha-Klinik H. auf dem Weg zum Empfang auf dem Steinboden des Flurs aus, als sie den Schlüssel für ihren Spind abholen wollte, um sich in den Umkleidekabinen umzuziehen (Bl. 7 VA), und zog sich eine Fraktur des linken Innenknöchels sowie eine traumatische Ruptur von Bändern in Höhe des oberen Sprunggelenkes und des Fußes zu (Bl. 18 VA). Die Beklagte übernahm zunächst die Behandlungskosten und gewährte der Klägerin Leistungen zur Haushaltshilfe (Bl. 51 VA), eine berufsgenossenschaftliche stationäre Weiterbehandlung (sog. BGSW-Maßnahme, Bl. 63 VA) sowie Verletztengeld (Bl. 165 VA).
Am 22.09.2015 erließ sie jedoch einen „Bescheid über die Ablehnung eines Arbeitsunfalles und Ablehnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung“, in dem sie verfügte, dass die Klägerin ...