Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Arzneimittel. Versagung der Zulassung. Verordnungsfähigkeit. besondere Therapierichtung
Orientierungssatz
1. Ein zulassungspflichtiges Arzneimittel (hier: Edelfosin) darf in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht verordnet werden, sofern die Zulassung zum Verkehr förmlich versagt worden ist (vgl BSG vom 8.6.1993 - 1 RK 21/91 = SozR 3-2200 § 182 Nr 17). Dies gilt auch, wenn bereits eine ablehnende Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde über die Zulassung vorliegt, diese aber wegen eines laufenden Klageverfahrens noch nicht bestandskräftig geworden ist (vgl BSG vom 8.3.1995 - 1 RK 8/94 = SozR 3-2500 § 31 Nr 3).
2. Gleichfalls läßt sich für die Verordnungsfähigkeit nichts daraus herleiten, daß möglicherweise die Behandlung mit diesem Arzneimittel als "besondere Therapierichtung" oder als "Außenseitermethode" einzustufen ist, denn die Versagung der Zulassung schließt die Verordnungsfähigkeit auch für diesen Bereich aus (vgl BSG vom 8.3.1995 - 1 RK 8/94 = aaO).
Nachgehend
Gründe
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten in Höhe von 10.260,00 DM, die für eine Behandlung mit dem Medikament Edelfosin in der Zeit vom 1. Juni bis 30. November 1991 angefallen sind.
Die Kläger sind die Eltern und Rechtsnachfolger des am 22. Juni 1964 geborenen und am 5. Dezember 1992 verstorbenen B., im folgenden Versicherter genannt. Bei dem Versicherten, der Mitglied der Beklagten war, wurde im Mai 1991 ein inoperables cardianahes Adeno-Karzinom des Magens mit Ausdehnung auf den distalen Oesophagus und Infiltrationen des Zwerchfelles und des Truncus coeliacus diagnostiziert. Der behandelnde Arzt Dr. K. begann am 17. Juni 1991 die Behandlung mit dem Medikament Edelfosin. Den auf die Kostenübernahme bzw. Kostenerstattung für die Behandlung mit diesem Medikament am 24. Juni 1991 gestellten Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 10. Januar 1992 ab, da sich das Medikament noch in einer Erprobung befinde. Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 17. August 1992 mit der Begründung zurück, die Übernahme von Kosten für ein nach dem Arzneimittelgesetz nicht zugelassenes, in der Erprobungsphase befindliches Medikament durch die Beklagte sei grundsätzlich nicht möglich. Im vorliegenden Einzelfall ergebe sich auch aus den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien zur Verordnungfähigkeit von Außenseitermethoden nichts anderes, da keine Wirksamkeit des Medikaments beim Kläger erkennbar sei. Im übrigen bestehe eine schulmäßige Therapiemöglichkeit durch Behandlung mit verkehrsfähigen Cytostatika.
Hiergegen hat sich der Versicherte mit der Klage gewandt und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Januar 1992 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 1992 zu verurteilen, die entstandenen Kosten bei der Behandlung mit dem Medikament "Edelfosin" über sechs Monate in Höhe von 10.260,00 DM zu übernehmen. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage durch Urteil vom 20. Februar 1995 abgewiesen: Im vorliegenden Fall sei dem verordneten Arzneimittel bereits im Zeitpunkt seiner Abgabe an den Versicherten die Zulassung durch die Entscheidung der damals zuständigen Behörde versagt worden. Diese Entscheidung sei im Widerspruchsverfahren bestätigt worden. Dies führe dazu, daß das Medikament nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden dürfe. Auch nach den Grundsätzen über die Versorgung mit sogenannten Außenseitermethoden komme eine Kostenübernahme nicht in Betracht. Die Beteiligung an der medizinischen Forschung gehöre nicht zu Aufgabenkreis der Beklagten. Die Anwendung eines nicht ausreichend erprobten Arzneimittels könne wegen der damit verbundenen Risiken nicht wirtschaftlich aus Sicht der Krankenkasse sein.
Gegen dieses, ihnen am 4. Mai 1995 zugestellte Urteil haben die Kläger am 30. Mai 1995 Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen oder einen Antrag zu stellen. Bezüglich des Urteils des Bundessozialgerichts vom 8. März 1995 - 1 RK 8/94 -, die Verordnungsfähigkeit von Edelfosin betreffend, sei eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Die Berufungsbegründung werde sich dementsprechend verzögern.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakten, welche dem Senat bei seiner Entscheidung vorlagen.
Der Senat hat die Berufung nach § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einstimmig durch Beschluß zurückgewiesen, weil sie unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Senat geht davon aus, daß die Kläger den vor dem Sozialgericht gestellten Antrag weiterverfolgen. Das Sozialgericht hat die ...