Verfahrensgang

SG Stuttgart (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen S 3 AL 6332/02)

 

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.240,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

Nach § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) iVm § 197a Abs. 1 Satz 1 3. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht im Urteil oder, wenn – so wie hier durch Rücknahme der Berufung – das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluss dem Grunde nach über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Die Entscheidung muss also – anders als dies bei den gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren der Fall ist (vgl. § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG) – von Amts wegen ergehen.

§ 197a Abs. 1 SGG findet nach seinem zeitlichen Geltungsbereich Anwendung. Die Bestimmung wurde durch das 6. SGG-Änderungsgesetz (6. SGG-ÄndG) vom 17. August 2001 (BGBl I 2144) mit Wirkung ab dem 2. Januar 2002 (Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des 6. SGG-ÄndG) eingeführt und gilt für Verfahren, die – wie der vorliegende Fall – ab dem 2. Januar 2002 rechtshängig geworden sind (Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-ÄndG; vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫, Urteil vom 30. Januar 2002, B 6 KA 73/00 R = SozR 3-2500 § 135 Nr. 21).

Das von einem Arbeitgeber betriebene Verfahren auf Gewährung eines Eingliederungszuschusses im Sinne von §§ 217 ff Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) ist nach § 197a Abs. 1 1. Halbsatz iVm § 183 Satz 1 und 3 SGG, letzterer ebenfalls in der durch das 6. SGG-ÄndG mit Wirkung ab dem 2. Januar 2002 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), gerichtskostenpflichtig, da der als Kläger beteiligte Arbeitgeber nicht Leistungsempfänger iSv § 183 SGG ist bzw im Erfolgsfalle wäre (§ 183 Satz 3 SGG).

Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt sind. Diesen Personen steht gleich, wer im Fall des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde (§ 183 Satz 3 SGG).

Da alle weiteren Alternativen offensichtlich nicht erfüllt sind, ist der Begriff des Leistungsempfängers (bei erfolgreicher Durchsetzung – § 118 Satz 3 SGG) entscheidend. Er ist nicht so auszulegen, dass der gegebenenfalls nach § 217 ff SGB III anspruchsberechtigte Arbeitgeber (Armbrust in: Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 16 RdNr 78) umfasst ist.

Aus dem Wortlaut des § 183 SGG geht dieses Ergebnis zwar nicht unmittelbar hervor, denn der Arbeitgeber, dem ein Eingliederungszuschuss zusteht, erhält von der Bundesagentur für Arbeit eine Geldleistung, die im Übrigen auch zumindest im formellen Sinne eine Sozialleistung ist, da sie ihre gesetzliche Grundlage im SGB III hat (vgl § 11 Satz 1 Sozialgesetzbuch 1. Buch – SGB I –). Eine Zubilligung des Kostenprivilegs gegenüber den Arbeitgebern, die – wie hier – um einen Eingliederungszuschuss streiten, vermag der Wortlaut des § 183 Satz 1 SGG jedoch nicht zu begründen (anders Sozialgericht Stuttgart, Urteil vom 29. Januar 2004 – S 3 AL 6332/02 veröffentlicht in Juris, ebenso Eicher in: Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, § 40 RdNr 21), denn alle weiteren Auslegungskriterien stehen dem entgegen (so auch im Ergebnis Thüringer Landessozialgericht, HVBG-INFO 2003, 1602 ff ). Für eine Auslegung nach (Entstehungs-) Zusammenhang und Sinn und Zweck besteht auch Raum, denn der Begriff der Leistung ist so umfassend (zivilrechtlich: “Jede auf bewusste und zweckgerichtete Vermögensmehrung gerichtete Zuwendung” – Sprau in: Palandt, 62. Aufl., § 812 RdNr 3; sozialrechtlich: zum früheren Berufungsrecht des SGG, Kretschmer in: GK-SGB I, § 11 RdNr 14 f), dass er selbst (sein sprachlicher Gehalt) für die jedenfalls beabsichtigte Begrenzung der Gerichtskostenfreiheit (dazu sogleich) keine greifbaren Anhaltspunkte bietet.

In Gesetzgebungsverfahren ist die Zielvorstellung der Neuregelung in der Tendenz eindeutig formuliert worden. So heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zur unverändert Gesetz gewordenen Vorschrift des § 197a SGG:“ Als Ausnahme zu der in § 183 vorgesehenen Gebührenfreiheit regelt § 197a die Anwendung des Gerichtskostengesetzes (GKG) und bestimmter Vorschriften der VwGO für die Verfahren, an denen Personen beteiligt sind, die nicht eines besonderen sozialen Schutzes in Form eines kostenfreien Rechtsschutzes bedürfen. Dies gilt z.B. für Streitigkeiten von Sozialleistungsträgern untereinander oder Streitigkeiten zwischen Leistungsträgern und Arbeitgebern. Auch soweit es um Vertragsarztverfahren (Vertragsarztzulassung, Honorarstreitigkeiten) geht, ist eine Gebührenprivilegierung, die von ihrem Schutzzweck her auf die Durchsetzung von Ansprüchen von Sozialleistungen ausgerichtet ist, nicht gerechtfertigt” (BT-Drucks 14/5943 zu Nr 68 S 28 f). Der Begriff des Leistungsempfängers wird damit im Wesentlichen zur Deckung gebracht ...

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