Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankengeld. Feststellung von Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitslosen. Bedeutung einer Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs 2 SGB 3
Leitsatz (amtlich)
Zur Bedeutung einer Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs 2 SGB 3 für die Feststellung der AU eines Arbeitslosen in der KVdA.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. Dezember 2014 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Denn die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund für die Gewährung von Krankengeld über den 08. November 2014 hinaus mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Vielmehr ist auf der Grundlage der derzeit bekannten Tatsachen ein Anspruch der Antragstellerin auf Krankengeld in dem streitigen Zeitraum ausgeschlossen, weil sich nicht feststellen lässt, dass sie arbeitsunfähig war und ist und dass sie vor Durchführung des schon begonnenen Hauptsacheverfahrens dringend auf die vorläufige Gewährung des Krankengeldes angewiesen ist.
1.) Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Maßstab für die Arbeitsunfähigkeit ergibt sich aus dem Umfang des Versicherungsschutzes im jeweils konkret bestehenden Versicherungsverhältnis (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 21/05 R -, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190). Dies ist bei Personen, die Arbeitslosengeld oder Unterhaltsgeld nach dem Sozialgesetzbuch/Drittes Buch (SGB III) beziehen, deren Versicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA). Hingegen ist die Versicherung auf Grund einer früheren Beschäftigung für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ohne Bedeutung, wenn die zur behaupteten Arbeitsunfähigkeit führende Leistungseinschränkung erst nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses während des Bezuges der genannten Leistungen der Bundesagentur für Arbeit eingetreten ist. So liegt der Fall hier. Die Antragstellerin bezog seit dem 09. Oktober 2013 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld und erkrankte erst am 10. September 2014 bzw. 22. September 2014 arbeitsunfähig.
2.) Ein nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der KVdA versicherter Arbeitsloser ist in diesem Sinne arbeitsunfähig, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten zu verrichten, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Das Krankengeld stellt sich in der KVdA nicht als Ersatz für den Ausfall des früher auf Grund einer Beschäftigung bezogenen Arbeitsentgelts dar, sondern als Ersatz für eine entgehende Leistung wegen Arbeitslosigkeit (BSG, Urteil vom 10. Mai 2012 - B 1 KR 20/11 R -, BSGE 111, 18-24, SozR 4-2500 § 46 Nr. 4, SozR 4-2500 § 44 Nr. 16, SozR 4-2500 § 49 Nr. 5). Entscheidend für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser sind im Grundsatz alle Arbeiten, die dem Versicherten arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind; die Zumutbarkeit ist insoweit auch krankenversicherungsrechtlich an § 140 SGB III zu messen (BSG a.a.O.). Dem Arbeitslosen sind insoweit "alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen" zumutbar, soweit "allgemeine oder persönliche Gründe der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nicht entgegenstehen" (vgl. § 140 Abs. 1 SGB III). Eine Beschäftigung ist gemäß § 140 Abs. 5 SGB III insbesondere nicht deshalb unzumutbar, weil sie "nicht zum Kreis der Beschäftigungen gehört, für die der Arbeitnehmer ausgebildet ist oder die er bisher ausgeübt hat". Deshalb gehören von Anfang an alle leichten Arbeiten des Arbeitsmarktes zu den zumutbaren Beschäftigungen. Den von der Antragstellerin geforderten "Berufsschutz" dergestalt, nur auf Beschäftigungen als Chefsekretärin, Sekretärin oder gleichartige Tätigkeiten verwiesen werden zu können, konnte und kann sie weder arbeitslosenversicherungsrechtlich noch krankenversicherungsrechtlich beanspruchen (BSG, Urteil vom 04. April 2006 - B 1 KR 21/05 R -, SozR 4-2500 § 44 Nr. 9, BSGE 96, 182-190).
3.) Daran ändert auch der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung mit der Agentur für Arbeit Bad Freienwalde im September 2014 nichts. Diese auf § 37 Abs. 2 SGB III basierende Vereinbarung hat nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 4 SGB III nur Einfluss auf die von der Antragstellerin zu leistenden Eigenbemühungen zur Beendigung ihrer Beschäftigungslosigkeit, begründet aber - weder nach dem SGB III noch nach dem SGB V - keine neuen Rechte über die durch das Gesetz geschaffenen hinaus (Peters-Lange, in: Gagel, SGB II ...