Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdeausschluß bei Prozeßkostenhilfe. Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II. Betriebskostenerstattung. Aufrechnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Für die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozeßkostenhilfe, die nicht allein auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gestützt wurde, ist es ohne Bedeutung, dass der Streitwert in der Hauptsache so gering war, dass die Sache nicht berufungsfähig wäre. Der Beschwerdeausschluss der §§ 127 Abs. 2 Satz 5, 511 ZPO ist nicht über § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG entsprechend anwendbar.

In Anwendung des § 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung können die dem Betroffenen in einem Monat zustehenden Leistungen angesichts einer im selben Monat zugeflossenen Betriebskostenerstattung nachträglich abgesenkt werden.

Nach § 43 SGB II können Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nur dann bis zu einem Betrag in Höhe von 30 % der für den Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung mit Ansprüchen der Träger von Leistungen nach dem SGB II aufgerechnet werden, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung oder auf Schadenersatz handelt, die der Hilfebedürftige durch vorsätzliche oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst hat. Eine Aufrechnung dürfte daher in der Regel nur bei Aufhebungsbescheiden möglich sein, die auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X beruhen, nach einer Leistungsaufhebung nach § 48 SGB X hingegen in der Regel ausscheiden. I

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 172 Abs. 1, § 173; ZPO § 127 Abs. 2 S. 5, § 511; SGB II § 43; Alg II-V § 2 Abs. 3 S. 1; SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, § 48

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. April 2007 aufgehoben.

Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H gewährt.

 

Gründe

I.

Die Klägerin erstrebt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin.

Mit Bescheid vom 01. November 2004 gewährte der Beklagte der 1967 geborenen Klägerin für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2005 Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von monatlich 627,26 €. Dieser Betrag setzte sich ausweislich des Berechnungsbogens aus dem Regelsatz in Höhe von 345,00 € sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 282,26 € zusammen. Bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigte der Beklagte neben der Miete der Klägerin in Höhe von 203,26 € die von ihr ab dem 01. April 2004 monatlich an die G AG zu zahlenden Abschlagszahlungen in Höhe von 79,00 €.

Unter dem 15. Februar 2005 teilte die G AG der Klägerin mit, dass ihr für den Zeitraum vom 13. Februar 2004 bis zum 14. Februar 2005 ein Guthaben in Höhe von 116,04 € erwachsen sei und sich die Abschlagszahlungen ab dem 01. April 2005 auf monatlich 70,00 € reduzieren würden. Weiter kündigte sie die Überweisung des Guthabens an. Die Klägerin informierte hierüber den Beklagten offenbar am 01. April 2005 und teilte zugleich mit, dass sie im Jahre 2005 bisher Abschlagszahlungen nur für Januar und Februar geleistet habe.

Nach entsprechender vorheriger Anhörung hob der Beklagte daraufhin mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26. Juli 2005 die Bewilligung der Leistungen für den Monat März 2005 in Höhe von 204,04 € auf, ohne insoweit eine Rechtsgrundlage zu benennen. Weiter machte er gestützt auf § 50 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) eine Erstattungsforderung in entsprechender Höhe geltend. Schließlich führte er aus, dass nach § 43 SGB II Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zu einem Betrag in Höhe von 30 % der für den Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung mit bestehenden Ansprüchen aufgerechnet werden könnten, wenn es sich um Ansprüche auf Erstattung oder Schadenersatz handele, die durch vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben veranlasst worden seien. Die Klägerin hätte Veränderungen in den Verhältnissen nicht bzw. nicht richtig mitgeteilt. Die ihr zustehende Regelleistung werde ab dem 01. September 2005 in monatlichen Raten in Höhe von 34,50 € gegen die laufenden Leistungen aufgerechnet. Soweit die Klägerin meine, der Beklagte habe sich um 9,00 € zu ihren Ungunsten verrechnet, handele es sich um die Energiepauschale, die bereits in der Sozialhilfe zu berücksichtigen gewesen sei.

Am 17. August 2005 hat die inzwischen anwaltlich vertretene Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Sie meint, die Leistungsaufhebung sei ebenso rechtsunwirksam wie die Aufrechnung der Ansprüche. Die Gaskostenerstattung, die das Ergebnis eines extrem sparsamen Energieverbrauchs sei, könne nicht zur Anrechnung kommen. Im Übrigen sei der angebliche Überzahlungsbetrag nicht nachvollziehbar.

Mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er au...

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