Entscheidungsstichwort (Thema)

Chirotherapie. Schmerztherapie. EBM. Honorarverteilungsgerechtigkeit. Gebot angemessener Vergütung. Praxisbesonderheit. Leistungsspektrum. RiLiHVV. Kassenärztliche Vereinigung. Honorarverteilung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Leistungen der Chirotherapie und die der Schmerztherapie können zur Annahme eines besonderen Leistungsspektrums nicht aufsummiert betrachtet werden.

 

Normenkette

SGB V § 85 Abs. 4 Sätze 1, 3-4, § 72 Abs. 1 S. 2; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; HVV 2005 § 12 Abs. 1; HVV 2006 § 12 Abs. 1; RiLiHVV Nr. 8.1

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.08.2013; Aktenzeichen B 6 KA 24/13 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 25.000,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Im Streit steht, ob die Beklagte bei der Honorarbescheidung für die Quartale II/2006 sowie IV/2006 bis III/2007 Praxisbesonderheiten berücksichtigen muss.

Die Kläger sind ab dem Jahr 2005 als Gemeinschaftspraxis für Allgemeinmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung in C zugelassen. Sie waren bereits zuvor jeweils als Facharzt für Allgemeinmedizin zugelassen. Die Praxis war in den streitgegenständlichen Quartalen der Arztgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, praktische Ärzte und Fachärzte für Innere Medizin (hausärztlich) zugeordnet.

Im Quartal II/2006 fand der ab dem 01. April 2005 gültige Honorarverteilungsvertrag (HVV) vom 19. Mai 2005 (in der Fassung vom 17.02.2006) und die Richtlinie zum HVV (RiLiHVV) Anwendung. Für die Quartale IV/2006 bis III/2007 war der ab dem 01. Juli 2006 gültige HVV anzuwenden. Die Grenzfallpunktzahl der Arztgruppe betrug in allen Quartalen 860 Punkte und die durchschnittliche Fallzahl 930.

Mit Honorarbescheid vom 26. Oktober 2006 gewährte die Beklagte für das Quartal II/2006 für 1.393 abgerechnete HVV-relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 73.231,77 €. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 56,38 % und im Ersatzkassenbereich 61,58 %.

Die Kläger erhoben am 21. November 2006 Widerspruch. Im Wesentlichen begehrten sie die Erhöhung der Grenzfallpunktzahl unter Berücksichtigung der erbrachten chirotherapeutischen und schmerztherapeutischen Leistungen als Praxisbesonderheit.

Mit Honorarbescheid vom 26. April 2007 gewährte die Beklagte für das IV. Quartal 2006 für 1.507 HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 79.209,04 €. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 54,78 % und im Ersatzkassenbereich 60,10 €.

Mit Honorarbescheid vom 26. Juli 2007 gewährte die Beklagte für das Quartal I/2007 für 1.542 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 75.248,57 €. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 51,36 % und im Ersatzkassenbereich 57,03 %.

Die Beklagte gewährte weiter für das II. Quartal 2007 im Honorarbescheid vom 25. Oktober 2007 für 1.767 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 81.412,31 €. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 48,49 % und im Ersatzkassenbereich 49,76 %.

Mit Honorarbescheid vom 24. Januar 2008 gewährte die Beklagte für das III. Quartal 2007 für 1.896 abgerechnete HVV relevante Behandlungsfälle ein Bruttohonorar in Höhe von 85.901, 15 €. Der Abstaffelungsfaktor betrug im Primärkassenbereich 46,13 % und im Ersatzkassenbereich 49,29 %.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2008 wies die Beklagte den Widerspruch vom 21. November 2006 (Quartal II/2006) als unbegründet zurück. Die Regelungen des HVV seien richtig angewandt worden. Der Korrekturfaktor sei nach § 10 Abs. 4 HVV mit 1,0 richtig festgesetzt worden, da die Kläger erst seit dem 1. Januar 2005 als Gemeinschaftspraxis tätig seien. Vom Quartal III/2005 bis II/2006 habe der Korrekturfaktor bei 0,75 gelegen und der reale Korrekturfaktor im II. Quartal 2006 bei 0,75, so dass die Festsetzung auf 1,0 nicht zu beanstanden sei. Eine Anhebung des Korrekturfaktors nach Punkt D Nr. 1-3 und D Nr. 4.2 RiLiHVV scheide aus. Auch die Voraussetzungen für eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nach Punkt D Nr. 8 der RiLiHVV im Widerspruchsquartal sei nicht gegeben.

Mit ihrer am 21. April 2008 zunächst beim Sozialgericht Potsdam (SG; Aktenzeichen S 1 KA 50/08) erhobenen Klage wenden sich die Kläger hiergegen.

Den Widerspruch hinsichtlich des Quartals IV/2006 hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2008 zurückgewiesen. Es sei weder eine Erhöhung des Korrekturfaktors noch der Fallpunktzahl möglich. Der Anteil schmerztherapeutischer Leistungen (GNR 30710 bis 30760) habe bei 14,39 % und der chirotherapeutischen Leistungen (GNR 30200 bis 30201) bei 8,16 % gelegen. Da diese jeweils unter 15 % liegen, sei eine Erhöhung der Grenzfallpunktzahl nicht möglich.

Entsprechend ist sie mit dem Widerspruch hinsichtlich des Quartals I/2007 verfahren (Widerspruchsbescheid vom 22.10.2008).

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom selben Tag hat sie auch den Widerspruch be...

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