Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Auszubildende. kein Ausschluss bei berufsvorbereitender Bildungsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Ausbildungsgeldbezug
Orientierungssatz
1. Mit der Vorschrift des § 7 Abs 5 SGB 2 wird sichergestellt, dass über die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine zweite Ausbildungsförderung geschaffen wird. Vom Leistungsausschluss werden dementsprechend Personen nicht erfasst, die eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Anspruch nehmen. Diese absolvieren keine Ausbildung iS des § 7 Abs 5 SGB 2, sodass es auf eine etwaige Förderungsfähigkeit nach den §§ 60 bis 62 SGB 3 nicht ankommt.
2. Weil der Gesetzgeber in § 7 Abs 5 SGB 2 nicht darauf abstellt, aufgrund welcher Vorschriften Ausbildungen der in dem Absatz genannten Art durchgeführt werden, sondern nur darauf, ob die Ausbildungen - dem Grunde nach - nach anderen Regelungssystemen förderungsfähig sind, kann der Gesetzessystematik nur entnommen werden, dass generell Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von dem Ausschluss des § 7 Abs 5 SGB 2 nicht erfasst sind.
3. Auch aus der eingeführten Vorschrift des § 22 Abs 7 SGB 2 kann nicht hergeleitet werden, dass Bezieher von Ausbildungsgeld vom Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 SGB 2 erfasst sind.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 02. November 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheides des Beklagten vom 15. Juni 2009.
Die 1990 geborene Klägerin bewohnte ab dem 01. Januar 2009 bis zum 28. Februar 2010 eine Ein-Zimmer-Wohnung in der B--Str. in C, für die sie eine Grundmiete i. H. v. 114,38 Euro zuzüglich einer Betriebskostenvorauszahlung i. H. v. 78,00 Euro (monatliche Gesamtnutzungsgebühr i. H. v. 192,38 Euro laut Nutzungsvertrag vom 05. Januar 2009) schuldete. Mit Bescheid vom 24. Februar 2009 bewilligte der Landkreis Spree-Neiße - Fachbereich Kinder, Jugend und Familie - der Klägerin vom 01. März bis zum 30. April 2009 weiterführende Hilfe für junge Volljährige gemäß § 41 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) in Form von Heimerziehung. Vom 04. bis zum 29. Mai 2009 absolvierte die Klägerin eine Eignungsanalyse/Arbeitserprobung im Rotkreuz-Institut Berufsbildungswerk im DRK B gGmbH.
Auf den Antrag der Klägerin vom 08. April 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 in Höhe von insgesamt 536,75 Euro (351,00 Euro Regelleistung zuzüglich 185,75 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung). Bei der Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung zog der Beklagte eine Warmwasserpauschale i. H. v. 6,63 Euro ab.
Mit Bescheid vom 27. Mai 2009 entsprach die Familienkasse C dem Antrag der Klägerin auf Abzweigung des Kindergeldes und bewilligte ihr u. a. für die Zeit ab Juni 2009 Kindergeld i. H. v. monatlich 164,00 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 20. Mai 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Juni 2009 bis zum 31. Oktober 2009 unter Anrechnung des Kindergeldes i. H. v. 164,00 Euro abzüglich einer Pauschale i. H. v. 30,00 Euro nur noch Gesamtleistungen i. H. v. 402,75 Euro.
Ab dem 02. Juni 2009 absolvierte die Klägerin eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme im Rotkreuz-Institut Berufsbildungswerk im DRK B gGmbH. Mit Bescheiden vom 07. Juli 2009 und 23. Juli 2009 bewilligte die Agentur für Arbeit Cottbus der Klägerin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) gemäß §§ 97 ff. Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) i. V. m. § 33 und §§ 44 ff. Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) für die Zeit vom 02. Juni 2009 bis zum 28. Februar 2010 in Form von Ausbildungsgeld monatlich i. H. v. 102,00 Euro, Lehrgangskosten (unmittelbar an den Maßnahmeträger), Reisekosten für Familienheimfahrten sowie An- und Abreisekosten.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 15. Juni 2009 den Änderungsbescheid vom 20. Mai 2009 für die Zeit ab dem 01. Juli 2009 ganz auf, da der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 und 6 SGB II eingreife. Die Aufhebung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).
Auf den Antrag der Klägerin vom 08. Juli 2009 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 15. Juli 2009 für die Zeit vom 01. Juli 2009 bis zum 31. Oktober 2009 Leistungen nach SGB II in Form eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs gemäß § 21 SGB II i. H. v. monatlich 126,00 Euro.
Gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. Juni 2009 legte die Klägerin mit Schreiben vom 08. Juli 2009 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, LTA gemäß § 97 ff. SGB III würden nicht von § 7 Abs. 5 SGB II erfasst. Ein Leistungsausschluss finde nicht statt, vielmehr müssten Leistungen gemäß § 3 SGB II erbracht werden, soweit die Hilfebedürftigkeit nicht anders zu beseitigen sei...