Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenvorstellung. Anhörungsrüge. Auffangsstreitwert. Pflegedienst. Maßnahme. Sozialgerichtliches Verfahren: Streitwertberechnung bei der Bescheidung mehrerer Einzelmaßnahmen. Zulässigkeit einer Gegenvorstellung gegen den Streitwertbeschluss
Orientierungssatz
1. Eine Gegenvorstellung gegen eine Streitwertfeststellung im sozialgerichtlichen Verfahren hat allenfalls dann Erfolg, wenn mit ihr eine Verletzung von Grundrechten oder ein ähnliches schweres Unrecht geltend gemacht wird und auch tatsächlich vorliegt.
2. Enthält ein im sozialgerichtlichen Verfahren angegriffener Maßnahmebescheid unterschiedliche Regelungen, die jede für sich Gegenstand des Verfahren sind, so ist bei der Ermittlung des Wertes des Streitgegenstandes die Vorschrift des § 52 Abs. 2 GKG jeweils für jede der angegriffenen Maßnahmen zur Anwendung zu bringen, so dass der Auffangstreitwert im betroffenen Verfahren mehrfach entsprechend der Zahl der angefochtenen Maßnahmen festzusetzen ist und der Gesamtstreitwert sich aus der Addition der einzelnen Streitwerte ergibt.
Tenor
Die Gegenvorstellung der Antragsgegner gegen den Beschluss des Senats vom 7. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Für das Verfahren der Gegenvorstellung werden Gebühren nicht erhoben und Kosten nicht erstattet.
Gründe
Die Gegenvorstellung war zurückzuweisen, weil ihre Voraussetzungen nicht vorliegen.
Hierbei lässt der Senat offen, ob und inwieweit nach Einführung des § 178a Sozialgerichtsgesetz (SGG) betreffend das Verfahren der Anhörungsrüge noch Raum für das Verfahren der Gegenvorstellung ist, weil insoweit die gesetzlich vorgesehenen Regelungen über die Unanfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen durchbrochen werden. Jedenfalls aber kann eine Gegenvorstellung allenfalls dann Erfolg haben, wenn mit ihr ein schweres und nicht hinnehmbares prozessuales Unrecht - insbesondere in Gestalt der Verletzung von Grundrechten - geltend gemacht wird und auch tatsächlich vorliegt.
Dies ist vorliegend nicht der Fall. So ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit der Beschluss des Senats vom 7. Juli 2010 - selbst wenn er auf Rechtsfehlern beruhen sollte - ein derartiges schweres, insbesondere die Antragsgegner in ihren Grundrechten verletzendes Unrecht darstellen könnte. Die Antragsgegner als Verbände öffentlich-rechtlicher Körperschaften können sich allenfalls auf die Verletzung von Justizgrundrechten berufen, deren Verletzung allerdings gleichfalls nicht konkret ersichtlich ist.
Davon abgesehen, ergeben sich für den Senat keine Hinweise darauf, dass der Beschluss vom 7. Juli 2010 in der Sache nach erneuter Prüfung anders zu ergehen hätte. Insbesondere meinen die Antragsgegner zu Unrecht, der Senat habe die zwingende Vorschrift des § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) in der seit dem 1. Juli 2004 geltenden Fassung unbeachtet gelassen. Die Vorschrift des § 52 Abs. 2 GKG ist bezüglich eines jeden gesonderten Streitgegenstandes anzuwenden. Dies ergibt sich daraus, dass verschiedene Streitgegenstände grundsätzlich auch in verschiedenen Verfahren zur Überprüfung gestellt werden können und dann in jedem einzelnen dieser Verfahren der Auffangstreitwert von 5.000,- € anzusetzen ist.
Vorliegend ist der Senat zu der auch weiterhin gültigen Einschätzung gelangt, dass der angegriffene Maßnahmebescheid insgesamt 18 verschiedene Regelungen enthält, die im vorgenannten Sinne selbständige Streitgegenstände bilden können. Dies gebot es, insgesamt 18mal die Vorschrift des § 52 Abs. 2 GKG zur Anwendung zu bringen und den Streitwert auf 90.000,- € anzusetzen.
An dieser Einschätzung vermag auch der Einwand der Antragsgegner nichts zu ändern, durch diese Streitwertrechtsprechung entstehe für die Antragsgegner ein unangemessen hohes Prozessrisiko. Abgesehen davon, dass derartige Erwägungen im Rahmen der Regelungen des § 52 Abs. 2 GKG durch den Gesetzgeber selbst abschließend berücksichtigt wurden, indem er einen interessengerechten Auffangstreitwert von 5000,- € gesetzlich vorgeschrieben hat, vermag dieser Einwand auch aus einem anderen Gesichtspunkt heraus nicht zu überzeugen. Denn das streitwertabhängige Kostenrisiko eines Rechtsstreits trifft beide Hauptbeteiligten eines Rechtsstreits, also keinesfalls einseitig nur die Antragsgegner. Auch die an vergleichbaren Verfahren beteiligten Pflegedienste müssen sorgfältig abwägen, welche Maßnahmen sie angreifen und welche sie nicht zur gerichtlichen Überprüfung stellen, denn auch die Pflegedienste gehen hierbei Risiken im Hinblick auf Prozesskosten ein. Umgekehrt besteht freilich auch für die Antragsgegner Anlass, in künftigen Verfahren sorgfältiger zu prüfen, ob es tatsächlich angebracht ist, alle für denkbar erachteten Maßnahmen in Bescheidform zu verfügen oder ob es - gerade auch vor dem Hintergrund des Kostenrisikos - nicht eher geboten sein könnte, die Maßnahmen vor ihrer Verfügung einer kritischeren Prüfung zu unterziehen.
Die Entscheidung über die Gebühren und Kosten des Verfahrens beruht auf §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 68 Abs. 3 analog G...