Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss einer Fristgebundenheit des Antrags auf Kostenübernahme eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens auf die Landeskasse

 

Orientierungssatz

1. Der Antrag auf Übernahme der Kosten eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens auf die Landeskasse ist nicht an die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Fristen gebunden.

2. Der Anspruch auf Kostenübernahme gegen die Staatskasse aus § 109 SGG entsteht erst mit der Entscheidung des Gerichts über die endgültige Kostentragungspflicht. Ist ein Antrag nicht an eine Frist gebunden, so kann die verzögerte Ausübung dieses Antragsrechts ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine rechtsvernichtende oder rechtshindernde Auswirkungen haben.

 

Normenkette

SGG § 109 Abs. 1 S. 2; JVEG § 2 Abs. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 23. März 2016 aufgehoben.

Die Kosten des gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten Gutachtens von Dr. K werden auf die Landeskasse übernommen.

 

Gründe

Die Beschwerde des Klägers ist begründet.

Das Sozialgericht hat den am 28. Mai 2015 gestellten Antrag, die Kosten des nach § 109 SGG erstellten Gutachtens von Dr. K auf die Landeskasse zu übernehmen, zu Unrecht wegen Verwirkung des Antragsrechts abgelehnt. Dieser Beschluss war auf die Beschwerde aufzuheben und die Kosten des Gutachtens auf die Landeskasse zu übernehmen, da das Gutachten objektiv zur Sachaufklärung beigetragen hat.

Allein der Umstand, dass der Antrag des Klägers auf Kostenübernahme erst mehr als drei Jahre und zehn Monate nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache gestellt worden ist, führt noch nicht zum Verlust des Anspruchs. Denn der Antrag auf Übernahme der Gutachtenskosten auf die Landeskasse ist nicht an die Einhaltung bestimmter gesetzlicher Fristen gebunden. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG), wonach der Anspruch eines Zeugen oder Sachverständigen auf Vergütung oder Entschädigung erlischt, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird, ist auf den Kostenübernahmeanspruch aus § 109 SGG nicht anwendbar (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage § 109 Rn 16 mwN). Eine Verwirkung des Antragsrechts ist hier (noch) nicht eingetreten.

Das Rechtsinstitut der Verwirkung setzt unter anderem voraus, dass ein Anspruch entstanden ist und fortbesteht, vom Berechtigten jedoch über geraume Zeit hinweg nicht geltend gemacht wird. Der Anspruch auf Kostenübernahme gegen die Staatskasse aus § 109 SGG entsteht jedoch erst mit der Entscheidung des Gerichts über die endgültige Kostentragungspflicht. Ansprüche, die noch nicht entstanden sind, können indes bereits aus Gründen der Denkgesetze keiner Verwirkung oder Verjährung unterliegen (vgl zutreffend LSG Hessen, Beschluss vom 29. September 2005 - L 5 B 148/05 R - juris). Auch im Hinblick auf eine etwaige Verwirkung des Antragsrechts sind außer der mehrjährigen schlichten Untätigkeit keine Tatsachen erkennbar, aufgrund derer seitens der Landeskasse der berechtigte Eindruck hätte entstehen können, der Kläger habe sich seines Rechts auf Stellung eines Kostenübernahmeantrags endgültig begeben. Wenn ein Antrag - wie im Falle der Kostenübernahmeentscheidung aus § 109 SGG - an keine gesetzlichen Fristen gebunden ist, dann kann die verzögerte Ausübung dieses Antragsrechts jedenfalls ohne Hinzutreten weiterer Umstände keine rechtsvernichtenden oder rechtshindernden Auswirkungen nach sich ziehen (vgl LSG Hessen aaO)..

Diese Entscheidung kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10233699

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