Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Zusatzversorgung der technischen Intelligenz. Umwandlung eines VEB in eine GmbH vor dem 30. Juni 1990

 

Orientierungssatz

1. Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es auf die am 30.06.1990 gegebene Sachlage an. Es ist darauf abzustellen, ob der Betroffene bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme zum 30.06.1990 einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Betroffene nach den Regelungen des Versorgungssystems "obligatorisch" im Sinne einer "gebundenen Verwaltung" - ohne Ermessensspielraum des Versorgungsträgers - in den Kreis der Versorgungsberechtigten hätte einbezogen werden müssen, weil die abstrakt-generellen Voraussetzungen hierfür insoweit am 30.06.1990 erfüllt waren (Vergleiche BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 6).

2. Nach den Regelungen des Versorgungssystems hängt die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (Vergleiche BSG aaO).

3. Ob die betriebliche Voraussetzung für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer am 30.6.1990 Arbeitgeber im rechtlichen Sinn war (Vergleiche BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R = SozR 4-8570 § 5 Nr. 3).

4. Bestand bis zum Stichtag 30.6.1990 ein Nebeneinander von VEB und Kapitalvorgesellschaft in Gestalt einer GmbH in Gründung - i.G. - und wurde vor dem Stichtag das Vermögen aus der bisherigen Fondsinhaberschaft des VEB auf die GmbH i.G. übertragen, war der VEB am 30.6.1990 mangels Eigenkapital wirtschaftlich nicht mehr in der Lage, eine Produktion zu betreiben und bestand nach dem Willen der Umwandelnden gleichsam nur aus einer "leeren Hülle". Arbeitgeber war damit am Stichtag nicht mehr der VEB sondern eine GmbH-Vorgesellschaft (Vergleiche LSG Erfurt, Urteil vom 29. Januar 2007 - L 6 R 509/05), die nicht dem Anwendungsbereich des Zusatzversorgungssystems unterfällt (Vergleiche BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1954 geborene Klägerin erwarb in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach einem Ingenieurstudium in der Grundstudienrichtung Maschineningenieurwesen - Fachrichtung Allgemeiner Maschinenbau - an der Ingenieurschule für Maschinenbau Schwerin das Recht, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ zu führen (Urkunde vom 25. Juli 1975). Sie war anschließend ab 1. September 1975 wie folgt versicherungspflichtig beschäftigt: Bis 7. April 1980 beim Volkseigenen Betrieb (VEB) Mechanisierung im VEB Wohnungsbaukombinat Berlin (Ingenieur für Rationalisierung, Techniker für Instandsetzung) und ab 8. April 1980 beim VEB Bau- und Montagekombinat (BMK) Ingenieurhochbau Berlin (Techniker für Preise, Ingenieur für Preise, ab 1. Januar 1988 Gruppenleiter Preise). Der VEB BMK Ingenieurhochbau Berlin wurde durch Umwandlungserklärung vom 20. Juni 1990 nach Maßgabe der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (UmwVO) vom 1. März 1990 (GBl. I Nr. 14 S. 107) in die Ingenieurhochbau Berlin Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt; die GmbH wurde am 2. Juli 1990 in das Register beim Staatlichen Vertragsgericht der DDR eingetragen. Auf die Umwandlungserklärung vom 20. Juni 1990 (Staatliches Notariat Berlin Az. 90-20-2121-90) und die GmbH-Anmeldung vom 20. Juni 1990 wird Bezug genommen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1977 war die Klägerin der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte sie nicht erhalten.

Mit Bescheid vom 1. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2005 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab mit der Begründung, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Tätigkeit im Sinne der AVTI ausgeübt habe.

Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat die auf Vormerkung der Beschäftigungszeiten vom 1. September 1975 bis 30. Juni 1990 und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gerichtete Klage mit Urteil vom 2. Februar 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klä...

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