Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenvorstellung: Statthaftigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren. Begründetheit bei bloßer Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses

 

Orientierungssatz

1. Im sozialgerichtlichen Verfahren ist der Rechtsbehelf der Gegenvorstellung auch nach der durch Einfügung des § 178 a in das Sozialgerichtsgesetz vorgenommenen Einführung der Anhörungsrüge weiterhin statthaft.

2. Ein unanfechtbarer Beschluss kann auf eine Gegenvorstellung hin geändert werden, wenn die getroffene Entscheidung zu einer schwerwiegenden Rechtsverletzung führt. Die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit des Beschlusses allein reicht zur Begründung einer Gegenvorstellung jedoch nicht aus.

 

Tenor

Die Gegenvorstellung der Beklagten zu 1) gegen den Beschluss des Senats vom 4. Juni 2009 - L 27 B 105/08 P - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Gegenvorstellungsverfahrens hat die Beklagte zu 1) zu tragen.

 

Gründe

I.

Die Beklagte zu 1) begehrt die Herabsetzung des Streitwertes für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin zum Az. S 76 P 330/03.

Der Kläger wandte sich gegen den Maßnahmebescheid vom 26. Juni 2002, den die Beklagten mit der Begründung, in der teilstationären Pflegeeinrichtung des Klägers seien Qualitätsmängel festgestellt worden, erlassen hatte. Nachdem die Beklagten den Bescheid teilweise zurückgenommen und das Qualitätsprüfungsverfahren für abgeschlossen erklärt hatten, nahm der Kläger am 11. Mai 2006 die Klage zurück. Die Kosten des Verfahrens wurden ihm auferlegt.

Mit Beschluss vom 14. Februar 2007 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 4.000 € festgesetzt. Den Änderungsantrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 7. März 2007 hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 25. Juli 2008 zurückgewiesen. Auf die am 4. August 2008 nach § 9 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung eingelegte Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 4. Juni 2009 den Streitwert auf 20.000 € heraufgesetzt. Hiergegen hat die Beklagte zu 1) Gegenvorstellung erhoben.

II.

Die Gegenvorstellung hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig, insbesondere auch nach Einführung der Anhörungsrüge durch Einfügung des § 178a SGG in das Sozialgerichtsgesetz weiterhin statthaft. Denn die Gegenvorstellung verfolgt das Ziel, den Fachgerichten die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Verhalten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Hingegen beschränkt sich die Anhörungsrüge des § 178a Abs. 1 SGG auf die Fortführung des Verfahrens, wenn ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (vgl. etwa Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 28. Juli 2005, B 13 RJ 178/05 B, bei Juris).

Es ist unschädlich, dass die Beklagte, da sie keine Kosten des Hauptsacheverfahren zu tragen hat, durch den angegriffenen Beschluss keinen direkten rechtlichen Nachteil erfährt. Denn die Zulässigkeit der Gegenvorstellung setzt keine Beschwer voraus.

Die Gegenvorstellung ist indes unbegründet. Die Änderung eines an sich unanfechtbaren Beschlusses auf eine Gegenvorstellung hin ist möglich, wenn die getroffene Entscheidung in offensichtlichem Widerspruch zum Gesetz steht und insbesondere unter Verletzung von Grundrechten ergangen ist, so dass sie sonst nur im Wege der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte, oder wenn die Entscheidung zu einem groben prozessualen oder sozialen Unrecht führen würde (BSG a.a.O.). Die von der Klägerin vorgebrachten Gründe für die erhobene Gegenvorstellung zeigen keine derartig schwerwiegende Rechtsverletzung auf. Sie macht nämlich lediglich geltend, dass der Beschluss des Senats fehlerhaft sei.

Im Übrigen hält der Senat daran fest, dass für jede der fünf Maßnahmen nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Satz 2 des Gerichtskostengesetzes in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 15. Dezember 1975 (GKG a.F.) der Auffangstreitwert von 4.000 € anzusetzen ist. Die Bündelung dieser Maßnahmen in einen Bescheid ändert nichts daran, dass es sich um unterschiedliche und damit separat zu bewertende Streitgegenstände handelt, weshalb der Streitwert insgesamt mit 20.000 € festzusetzen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung.

Der Beschluss kann gemäß § 177 SGG nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324904

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