Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Festsetzung von Raten. Beschwerde. intertemporales Prozessrecht. Auslegungsgrundsätze. SGG ArbGG ÄndG. Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Festsetzung von Raten im Zusammenhang mit einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
Gegen die Festsetzung von Raten in einem den Prozesskostenhilfeantrag bewilligenden Beschluss des Sozialgerichts ist die Beschwerde zulässig.
Tenor
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. April 2008 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Antrag vom 21. Januar 2008 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe an das Sozialgericht Berlin zurückverwiesen.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 7. April 2008 ist zulässig und im Sinne der Zurückverweisung an das SG begründet.
Mit Beschluss vom 7. April 2008 hat das SG den Klägern jeweils Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten und Festsetzung von Raten ab 1. Mai 2008 (mtl. 95 EUR für den Kläger und 135 EUR für die Klägerin) bewilligt. Gegen den am 10. April 2008 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 22. April 2008 bei dem SG Beschwerde erhoben. Sie rügen die Festsetzung von Raten mit der Begründung, dass sie seit 1. April 2008 - wieder - Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten.
Die innerhalb der Frist des § 173 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegte Beschwerde ist gemäß § 172 Abs. 1 SGG zulässig und auch nicht durch § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung (nF) ausgeschlossen. Nach dieser durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes (SGGArbGGÄndG) vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) neu eingeführten Regelung ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von PKH, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Diese prozessrechtliche Einschränkung der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ist auch unter Berücksichtigung der rechtsstaatlichen Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes anwendbar. Denn das SG hat erst nach dem 31. März 2008 unter Geltung des neuen Rechts über den Antrag auf PKH entschieden. Der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Schutz des Vertrauens eines Rechtsmittelführers in die nach Maßgabe der Grundsätze des intertemporalen Prozessrechts gewährleistete Rechtsmittelsicherheit gebietet (nur), dass bei einem gesetzlich festgelegten Rechtsmittelausschluss ein bereits eingelegtes Rechtsmittel zulässig bleibt, sofern das Gesetz nicht mit hinreichender Deutlichkeit etwas Abweichendes bestimmt (vgl. BVerfGE 87, 48).
Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nF ist die Beschwerde nicht ausgeschlossen. Denn das SG hat nicht PKH abgelehnt, sondern unter Festsetzung von Raten bewilligt. Es fehlt somit an der Eingangsvoraussetzung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nF. Auch die Auslegung der Norm nach ihrer Entstehungsgeschichte, dem Gesamtzusammenhang und dem Sinn und Zweck (vgl. zu den anerkannten Auslegungsgrundsätzen BVerfGE 83, 201) führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der Gesetzesbegründung soll die Ablehnung von PKH nur mit der Beschwerde angefochten werden können, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden (vgl. BT-Drucks 16/7716 S. 27 zu Nummer 29). Demnach mag vom Gesetzgeber durchaus gewollt sein, dass die Beschwerde in allen Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen allein die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom SG zu prüfen sind. Für den Senat ist jedoch nicht erkennbar, ob der Gesetzgeber die Fallkonstellation der Bewilligung von PKH unter Festsetzung von Raten bei der Verabschiedung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG bedacht hat. Ein bloß mutmaßlicher Wille des Gesetzgebers ist jedoch schon aufgrund des Gebots der Rechtsmittelklarheit (vgl. BVerfGE 48, 148) für die Auslegung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht erheblich.
Die Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO) zu den Beschwerdemöglichkeiten bei der Bewilligung von PKH (insb. § 127 Abs. 2 ZPO) waren im Sozialgerichtsprozess bereits unter Geltung des § 172 SGG aF nicht anwendbar und sind aufgrund der mit dem SGGArbGGÄndG eingeführten besonderen Regelungen des § 172 Abs. 3 SGG nF erst Recht nicht anwendbar (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 6. Mai 2008, L 6 B 48/08 AS, veröffentlicht in juris).
Die Zurückverweisung an das SG ist ausnahmsweise zulässig (§ 202 SGG iVm § 572 Abs. 3 ZPO). Leitend für diese im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung ist die Tatsache, dass der Senat aufgrund der vorliegenden Unterlagen ohne weitere Ermittlungen nicht in der Lage ist, die wirtschaftlichen Voraussetzungen bzgl. der Festsetzung der Ratenhöhe (§§ 114, 115 ZPO) selbst zu prüfen (vgl. auch § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Denn weder in der Gerichtsakte noch im PKH-Heft finden sich Erklärungen der Kläger über die persönlichen und wirtsc...