Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Ablehnung eines Beweisantrages bei Vorliegen bereits mehrerer einschlägiger Fachgutachten

 

Leitsatz (amtlich)

Liegen bereits mehrere einschlägige Fachgutachten vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten iS von § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung ungenügend sind, weil sie grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (Anschluss an BSG vom 27.1.2021 - B 13 R 123/20 B).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.09.2021; Aktenzeichen B 5 R 138/21 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 28. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (EM) von der Beklagten.

Der 1962 in Istanbul geborene, verheiratete Kläger deutscher Staatsangehörigkeit lebt seit 1967 in Deutschland. Er war zuletzt seit 1989 bei den V () als Busfahrer, später U-Bahnfahrer und - nach einem Unfall mit Personenschaden im Oktober 2009 mit nachfolgender Fahrdienstuntauglichkeit - in der Aktenverwaltung bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 22. April 2014 beschäftigt. Seit dem 21. Oktober 2015 ist er arbeitslos.

Im September 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten wegen seit Jahren anhaltender Rückenschmerzen und der Folgen des Unfalls als U-Bahn-Fahrer mit Personenschaden die Gewährung einer Rente wegen EM. Dies lehnte die Beklagte nach Einholung eines Befundberichtes der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. L vom 9. Oktober 2015 sowie medizinischer Begutachtung (Gutachten des Facharztes für Orthopädie / Unfallchirurgie Dr. R vom 13. November 2015 ≪aufgehobenes Leistungsvermögen in Bezug auf den zuletzt ausgeübten Beruf als Verwaltungsangestellter; mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen≫) ab (Bescheid vom 15. Dezember 2015). Es bestehe weder eine volle noch eine teilweise EM. Mit dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte die Beklagte einen weiteren Befundbericht des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. W vom 14. Juni 2016 ein und wies im Anschluss den Widerspruch unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. R mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2016 zurück.

Im nachfolgenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin (SG) nach medizini-schen Ermittlungen (Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. L vom 27. Januar 2017, Dr. H - Facharzt für Neurochirurgie - vom 1. Februar 2017, Dr. W vom 2. Februar 2017und des Heilpraktikers für Psychotherapie O vom 3. Februar 2017) sowie Erstattung eines Sachverständigengutachtens vom 12. Januar 2018 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 5. Januar 2018 durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M (Diagnosen: derzeit keine Diagnose auf psychiatrischem Gebiet; V.a. posttraumatische Belastungsstörung, deren Symptome abgeklungen sind; fachfremd: Postdiskotomiesyndrom, Zervikobrachialsyndrom bei degenerativ veränderter Halswirbelsäule und Bandscheibenprotrusion C5/6, Adipositas, Hypercholesterinämie; Leistungsvermögen: vollschichtig körperlich leichte und geistig mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen bei erhaltener Wegefähigkeit) und eines weiteren Sachverständigengutachtens vom 12. Dezember 2018 nach ambulanter Untersuchung des Klägers am 12. Dezember 2018 durch den Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin sowie für Orthopädie und Unfallchirurgie und Dr. E(Zusatzbezeichnung: Spezielle Schmerztherapie) nebst ergänzender Stellungnahme (Diagnosen: Chronisch-rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Verschleißerscheinungen, 2014 operativ versorgtem Bandscheibenschaden mit Restsymptomatik mit Schmerzhaftigkeit und Funktionsbeeinträchtigung; chronisch-rezidivierendes Halswirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenschäden ohne größere funktionelle Beeinträchtigung; Knieschiebensyndrom mit geringer Beeinträchtigung der Kniegelenksbelastbarkeit bds.; Initialer Verschleiß der Hüftgelenke; Sprunggelenksbeschwerden bei leichter Instabilität bds.; Knick-/Senk-/Spreizfüße mit Hallux valgus ohne größere Funktionsbeeinträchtigung; Schmerzchronifizierung II/8 bei LWS-Syndrom; fachfremd: Adipositas; Tinnitus; V.a. Hypertonus; diätetisch behandelter Diabetes mellitus; V.a. mittelgradig depressives Syndrom; anamnest. Posttraumatische Belastungsstörung; Leistungsvermögen: vollschichtig körperlich leichte bis allenfalls gelegentlich mittelschwere und geistig ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge