Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeldes II bei nicht nachgewiesenen Eigenbemühungen. Anforderungen an den Nachweis von Bewerbungen. Absenkung wegen wiederholter Pflichtverletzung
Orientierungssatz
1. Das Arbeitslosengeld II wird nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 3 abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige Eigenbemühungen in ausreichendem Umfang nicht nachweist. Für einen erfolgreichen Nachweis von Eigenbemühungen sind Beweismittel vorzulegen, dass ein ernsthaftes Bemühen um eine Anstellung erfolgt ist. Lediglich die Vorlage mit einer Unterschrift versehener Stempel von aufgesuchten Betrieben reicht als Nachweis für Bewerbungen nicht aus.
2. Eine weitere Absenkung des Arbeitslosengeldes II wegen wiederholter Pflichtverletzung nach § 31 Abs 3 SGB 2 setzt voraus, dass der Hilfebedürftige durch einen ersten Absenkungsbescheid bereits auf seine Pflichtverletzung hingewiesen worden ist und er danach sein Verhalten fortsetzt.
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Neuruppin vom 16. August 2007 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16. Mai 2007 und Aufhebung seiner Vollziehung wird zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides vom 19. Juni 2007 angeordnet wird.
Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die Hälfte der außergerichtlichen Kosten aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstatten.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren vor dem Landessozialgericht Prozesskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt S B, BStr., B beigeordnet, Raten aus dem Einkommen oder Beträge aus dem Vermögen sind nicht zu zahlen.
Gründe
Die Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht angeordnet, dass auch dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 16. Mai 2007 aufschiebende Wirkung zukommt und die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides vom 20. Juni 2007 (gemeint: 16. Mai 2007) angeordnet. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss ist dagegen insoweit nicht zu beanstanden, als die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19. Juni 2007 und die Aufhebung der Vollziehung des Bescheides vom 18. Juli 2007 (gemeint: 19. Juni 2007) betroffen ist.
Mit den Bescheiden vom 16. Mai 2007 und 19. Juni 2007 hat der Antragsgegner bereits bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch - SGB II - unter Berufung auf § 31 SGB II um 30 bzw. 60 Prozent abgesenkt, weil der Antragsteller entgegen der am 6. März 2007 abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarung keine Nachweise über seine Bewerbungsbemühungen erbracht habe. Vorangegangen war jeweils eine Anhörung vom 20. April 2007 bzw. 16. Mai 2007, mit welcher der Antragsteller darauf hingewiesen worden war, dass er sich in der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet habe, monatlich bis zum 10. des Monats fünf schriftliche Bewerbungen vorzulegen, ohne dass bisher ein entsprechender Bewerbungsnachweis eingegangen sei. Der Antragsteller hatte daraufhin jeweils fünf teilweise mit einer Unterschrift versehene Stempel von in Berlin gelegenen Kfz-Instandsetzungs-Betrieben vorgelegt und erklärt, sich bei diesen Betrieben vergeblich beworben zu haben.
Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen und nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG die Aufhebung der Vollziehung anordnen, wenn der Verwaltungsakt schon vollzogen worden ist. Die Absenkungsbescheide vom 16. Mai 2007 und 19. Juni 2007 sind grundsätzlich nach § 39 Nr. 1 SGB II trotz Widerspruchs sofort vollziehbar, weil in ihnen über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entschieden worden ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen sie erhobenen Widersprüche sowie die der Aufhebung der Vollziehung ist nur gerechtfertigt, wenn die Bescheide bei summarischer Prüfung rechtswidrig erscheinen, weil kein öffentliches Interesse an der sofortigen Durchsetzung erkennbar rechtswidriger Bescheide anzuerkennen ist.
Gemessen an diesen Maßstäben hat das Sozialgericht zu Unrecht für den Widerspruch gegen den Bescheid vom 16. Mai 2007 die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil der Bescheid nicht offensichtlich rechtswidrig ist. Nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 b) SGB II wird das Arbeitslosengeld II in einer ersten Stufe um 30 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen maßgebenden Regelleistung gekürzt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige sich trotz Belehrung über die Rechtsfolgen weigert, in der Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Der Antragsteller hat eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, in der er die Verpflichtung ...