Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsamer Bundesausschuss. Patientenbeteiligung. Benennung von Patientenvertretern. kein eigenes Recht sachkundiger Personen auf Benennung. grundsätzlich freie Ausübung des Besetzungsrechts durch die berechtigten Organisationen. einstweiliger Rechtsschutz. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
Zur Benennung von Patientenvertretern im GBA.
Orientierungssatz
1. Zur Frage der Aufhebung der Wirksamkeit des Widerrufs einer Benennung als (ständiger) themenbezogener Vertreter für die Gruppe der Diabetiker im Unterausschuss Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
2. Keiner der Vorschriften zur Benennung sachkundiger Personen zur Ausübung des Mitberatungsrechts der für die Wahrnehmung der Interessen der Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen auf Bundesebene maßgeblichen Organisationen im GBA lassen sich subjektive öffentliche Rechte einzelner Personen entnehmen, von den Organisationen ihre Benennung zu Sitzungen des Plenums des GBA oder seiner Unterausschüsse verlangen zu können (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 27.2.2013 - L 7 KA 108/11 KL).
3. Die zur Benennung der Patientenvertreter berechtigten Organisationen dürften im Rahmen der genannten gesetzlichen Bestimmungen ihr Besetzungsrecht einvernehmlich, aber im Übrigen grundsätzlich frei, also auch nach politischen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ausüben können, um ihre eingeschränkten Beteiligungsrechte (sie besitzen kein Stimmrecht) effektiv gemeinsam geltend machen zu können. Eine Grenze dürfte ihre Entscheidungsbefugnis allein im grundgesetzlichen Willkürverbot aus Art 3 GG finden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für beide Instanzen auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 31. Juli 2013 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Soziagerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat das Begehren der Antragstellerin, die Wirksamkeit des Widerrufs ihrer Benennung als (ständige) themenbezogene Vertreterin für die Gruppe der Diabetiker im Unterausschuss Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens aufzuheben, rechtsfehlerfrei zurückgewiesen.
1.) Der von der Antragstellerin ausdrücklich gestellte Antrag kann jedenfalls schon deswegen keinen Erfolg haben, weil die Antragsgegnerinnen eine Benennung der Antragstellerin als (ständige) themenbezogene Vertreterin nicht widerrufen haben, worauf schon des Sozialgericht zu Recht hingewiesen hat. Dies würde voraussetzen, dass die Antragstellerin von den Antragsgegnerinnen unbefristet bzw. als ständige themenbezogene Vertreterin im Unterausschuss Arzneimittel benannt worden ist. Nach den von den Antragsgegnerinnen vorgelegten Unterlagen haben diese die Antragstellerin jedoch nicht unbefristet oder als ständige Vertreterin, sondern nur sitzungs- und tagesordnungsbezogen benannt (vgl. Benennung zu den Sitzungen des Unterausschusses Arzneimittel des GBA vom 17. Januar 2012, 19. März 2012 und 08. Januar 2013). Deshalb enthält das von der Antragstellerin zum Beleg der Beeinträchtigung ihrer Stellung als themenbezogene Vertreterin der Diabetiker vorgelegte Schreiben keinen Widerruf einer ihr zuvor eingeräumten geschützten Rechtsposition, sondern lediglich die Ankündigung, sie in Zukunft nicht mehr (sitzungs- und tagesordnungsbezogen) als Patientenvertreterin zu benennen. Ob das Vorgehen der Antragsgegnerinnen, die Antragstellerin nur sitzungs- und tagesordnungsbezogen als Patientenvertreterin zu benennen, rechtlich zu beanstanden ist oder sich als rechtsfehlerfrei erweist, ist im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht zu untersuchen, weil der Antragstellerin dafür ein eiliges Regelungsbedürfnis und damit ein Anordnungsgrund i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG fehlt: Die Klärung dieser Frage ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten.
Ein Ausnahmefall, der die Vorwegnahme der Hauptsache gestattet, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg (vgl. zuletzt den Beschluss vom 25. Oktober 2013, L 7 KA 77 /13 B ER) immer nur dann vor, wenn der geltend gemachte materiell-rechtliche Anspruch völlig unzweifelhaft besteht (Fallkonstellation 1) oder die Interessenlage zu Gunsten eines Antragstellers so eindeutig ist, dass eine Vorwegnahme der Hauptsache geboten erscheint (Fallkonstellation 2). Die Fallkonstellation 1 ist nur dann gegeben, wenn sich der vom Antragsteller zur Begründung seines Begehrens geltend gemachte Anordnungsanspruch sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht ohne aufwändige Prüfung feststellen lässt. Dies setzt auf der Tatsachenebene voraus, dass sämtliche tatsächlichen Voraussetzungen des Anspruchs zwischen den Beteiligten unstre...