Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ordnungsgeld. Zeuge. Ladung. auflösende Bedingung. Befundbericht
Orientierungssatz
1. Ist eine Ladung in erster Linie darauf gerichtet, von dem bislang vergeblich zur Erstellung eines Befundberichts aufgeforderten behandelnden Arzt die schriftliche Beantwortung der im Befundberichtsformular übersandten Fragen nach § 377 Abs 3 ZPO zu erzwingen, genügt sie den Anforderungen nach § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 377 Abs 2 ZPO nicht.
2. Eine Ladung, die unter einer auflösenden Bedingung steht (hier: Ankündigung des Entfallens oder der Aufhebung des Gerichtstermins bei rechtzeitigem Eingang des Befundberichts) ist im Prozessrecht nicht vorgesehen.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2014 aufgehoben.
Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Kosten des Beschwerdeverfahrens erstatten.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes.
Im Laufe des vor dem Sozialgericht Berlin zum Az. S 188 R 5596/13 anhängigen Klageverfahrens ist der Beschwerdeführer, der den Kläger auf orthopädischem Fachgebiet behandelt hat, mit richterlicher Verfügung vom 2. Juli 2014 vergeblich aufgefordert worden, einen Befundbericht zu erstatten. Nachdem der Beschwerdeführer trotz Erinnerung weiterhin keinen Befundbericht vorgelegt hatte, hat das Sozialgericht mit gerichtlicher Verfügung vom 25. November 2014 einen „Termin zur Beweisaufnahme (Übergabe des Befundberichts)“ auf den 16. Dezember 2014 bestimmt und hierzu den Beschwerdeführer geladen. Die Ladung enthielt den Zusatz:
Ich weise darauf hin, dass der Termin entfällt bzw. aufgehoben werden wird, wenn der Befundbericht entsprechend der Anforderung vom 02.07.2014 vor dem Termin eingereicht wird.
Der Beschwerdeführer ist zu dem Termin am 16. Dezember 2014 nicht erschienen. Daraufhin hat das Sozialgericht mit Beschluss desselben Tages gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 9. Januar 2015 hat der Beschwerdeführer „Widerspruch“ gegen den sozialgerichtlichen „Bescheid v. 17.12.2014“ erhoben. Zur Begründung hat er unter Hinweis auf das angefügte Faxjournal ausgeführt, dem Sozialgericht den Befundbericht bereits am 26. November 2014 zugesandt zu haben.
II.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die von dem anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer als „Widerspruch“ bezeichnete Beschwerde im Sinne des § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2014, mit dem gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € festgesetzt worden ist.
Das einen Ordnungsgeldbeschluss betreffende Beschwerdeverfahren kennt, da es nicht kontradiktorisch ausgestaltet ist, keinen Beschwerdegegner (vgl. u.a. den Beschluss des Senats vom 26. März 2012, L 13 SB 163/11 B).
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Dezember 2014 ist zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdefrist des § 173 SGG, die einen Monat beträgt, gewahrt.
Die Beschwerde ist auch begründet, denn die Auferlegung eines Ordnungsgeldes gegen den Beschwerdeführer ist rechtswidrig.
Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 380 Zivilprozessordnung (ZPO) werden einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.
Es fehlt vorliegend bereits an einer ordnungsgemäßen Ladung des Zeugen. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 377 Abs. 2 ZPO muss die Ladung enthalten:
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1. |
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die Bezeichnung der Parteien; |
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2. |
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den Gegenstand der Vernehmung; |
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3. |
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die Anweisung, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Ordnungsmittel in dem nach Zeit und Ort zu bezeichnenden Termin zu erscheinen. |
Diesen Anforderungen genügt die vorliegende an den Beschwerdeführer ergangene Ladung nicht. Zunächst hat das Sozialgericht dem Beschwerdeführer in der Ladung nicht mitgeteilt, dass er zum Termin als Zeuge geladen werde. Als Gegenstand des Termins zur Beweisaufnahme wurde „Übergabe des Befundberichts“ genannt. Es ist zweifelhaft, ob hiermit das Beweisthema hinreichend bestimmt wurde. Dies kann jedoch offen bleiben. Denn mit der Anweisung an den Beschwerdeführer, zum Termin zu erscheinen, bezweckte das Sozialgericht offensichtlich nicht, dessen Erscheinen zum Zwecke der Ablegung des Zeugnisses zu veranlassen, mithin ihn persönlich zum Gesundheitszustand des Klägers tatsächlich zu befragen. Vielmehr war die Ladung ausweislich ihres Inhaltes in erster Linie darauf gerichtet, die schriftliche Beantwortung der dem Beschwerdeführer im Befundberichtsformular übersandten Fragen nach § 377 Abs. 3 ZPO zu erzwingen. Sie enthielt den ausdrücklichen Zusatz, dass der Termin entfalle oder aufgehoben werde, wenn der Befundbericht vor dem Termin bei dem Gericht eingehe. Bei einer solchen Vorgehensweise verfehlt die Ladungsver...