Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Bezug einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Verfassungsmäßigkeit des Rentenabschlags. abgesenkter Zugangsfaktor

 

Orientierungssatz

1. Erwerbsminderungsrentner müssen eine Absenkung des Zugangsfaktors (Rentenabschlag) auch dann hinnehmen, wenn sie bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Vergleiche BSG, Urteil vom 14.08.2008 - B 5 R 32/07 R).

2. Die Einführung eines abgesenkten Zugangsfaktors bei Renten wegen Erwerbsminderung ist nicht verfassungswidrig.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe des Rechts auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger ist im April 1953 geboren worden. Die Beklagte bewilligte ihm durch Bescheid vom 11. Juli 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit ab dem 1. September 2003 bis zum 28. Februar 2005 auf Grund eines am 28. Februar 2003 eingetretenen Leistungsfalls. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Rentenbeginns, indem sie die Summe der Entgeltpunkte (Ost) unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors (36,8721 x 0,901 = 33,2218) mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost) vervielfältigte. Den Zugangsfaktor von 0,901 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 31. Juli 2013 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (April 2016), somit insgesamt um 0,099 minderte. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Durch Bescheid vom 28. Juni 2006 bewilligte die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. März 2005 als Dauerrente weiter. Den monatlichen Höchstwert des Rechts auf Rente berechnete sie für den Zeitpunkt des Beginns der Weiterbewilligung, indem sie die sich für diesen Zeitpunkt ergebende Summe der Entgeltpunkte (Ost) von 37,0781 zunächst um die Entgeltpunkte (Ost) minderte, die bereits Grundlage der ab 1. September 2003 gezahlten Rente waren (36,8721). Diese Entgeltpunkte vervielfältigte sie mit dem im Bescheid 11. Juli 2003 ausgewiesenen Zugangsfaktor von 0,901, entsprechend 33,2218 Entgeltpunkten (Ost). Die bis dahin nicht berücksichtigten 0,2060 Entgeltpunkte (Ost) vervielfältigte sie mit einem Zugangsfaktor von 0,892, entsprechend 0,1838 Entgeltpunkten (Ost). Die Summe der beiden Rechenoperationen (33,4056) vervielfältigte sie dann wiederum mit dem Rentenartfaktor (1,0) und dem aktuellen Rentenwert (Ost). Den Zugangsfaktor von 0,892 errechnete sie, indem sie den ungekürzten Wert hierfür von 1,0 um 0,003 für jeden Kalendermonat nach dem 30. April 2013 bis zum Ablauf des Kalendermonats der Vollendung des 63. Lebensjahres (April 2016), somit insgesamt um 0,108 minderte. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Im März 2007 beantragte der Kläger die Neuberechnung der Renten. Es gehe ihm hauptsächlich um den Zugangsfaktor. Zur Begründung verwies er auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16. Mai 2006 - B 4 RA 22/05 R.

Die Beklagte lehnte durch Bescheid vom 10. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2007 die Rücknahme der Bescheide vom 11. Juli 2003 und 28. Juni 2006 ab. Es sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweise. Die vom Kläger zitierte Entscheidung des BSG entspreche nicht der Auffassung der Rentenversicherungsträger.

Mit der Klage hat der Kläger seinen Anspruch weiterhin auf das Urteil des BSG gestützt. Dessen Auslegung entspreche dem Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers.

Durch Urteil vom 26. September 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme der Bescheide vom 11. Juli 2003 und 28. Juni 2006 seien nicht erfüllt. Die Beklagte habe das Recht bei deren Erlass nicht unrichtig angewendet. Bei der Berechnung des Monatsbetrages der Rente sei allein streitig, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Zugangsfaktor mit einem Abschlag von 0,003 für “31„ (richtig: 33) Monate zu versehen. Entgegen der Auffassung, die der 4. Senat in der vom Kläger für sich in Anspruch genommenen Entscheidung vertreten habe, ergebe sich diese Berechtigung aus dem Gesetz. Die Auffassung des 4. Senats des BSG sei bei Würdigung der Gesetzgebungsgeschichte und der Gesetzessystematik nicht tragfähig. Eine andere Auslegung sei auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich. Die Vorschriften über die Minderung des Zugangsfaktors verstießen mit dem Inhalt, wie er sich für die Kammer darstelle, weder gegen das Grundrecht auf Eigentum noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Zwar löse der vom Gesetzgeber vorgenommene Eingriff eine verfassungsrechtliche Rechtfertigungslast aus. Gemessen an den vo...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge