Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassung der Berufung. Beschwerde. Einlegung. Sozialgericht. Frist. Weiterleitung an das Landessozialgericht. Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bei unzuständigem Gericht. Versäumung der Beschwerdefrist wegen verspäteter Weiterleitung. Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Sozialgericht wahrt die Beschwerdefrist nicht. Das Sozialgericht ist nicht verpflichtet, durch unübliche, außergewöhnliche Maßnahmen die Weiterleitung der Beschwerde an das Landessozialgericht innerhalb der Beschwerdefrist zu gewährleisten.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger hat mit seiner am 1. April 2010 erhobenen Klage die Erstattung der ihm für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt in einem Widerspruchs- und Zugunstenverfahren entstandenen Kosten in Höhe von 309,40 Euro beansprucht.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 14. Juli 2010 abgewiesen; die Berufung hat es nicht zugelassen. In der dem Gerichtsbescheid beigegebenen Rechtsmittelbelehrung hat es (u.a.) darauf hingewiesen, dass gegen die Nichtzulassung der Berufung Beschwerde eingelegt werden könne. Die Beschwerde sei innerhalb eines Monats nach Zustellung der Gerichtsbescheids beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Eine Ausfertigung des vollständig abgefassten Gerichtsbescheids ist dem Kläger am 2. August 2010 zugestellt worden. Er hat am 31. August 2010 beim Sozialgericht Berlin mit einem an dieses Gericht gerichteten und als Fernablichtung übermittelten Schriftsatz Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Das Sozialgericht hat die Beschwerde nach entsprechender Verfügung des Kammervorsitzenden vom 1. September 2010 dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorlegt, wo sie am 6. September 2010 eingegangen ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juli 2010 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze sowie die von dem Beklagten vorgelegte Leistungsakte (Behelfsakte Bd.II), die Gegenstand der Beratung gewesen ist, verwiesen.

II

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung ist - durch Beschluss (§ 145 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) - als unzulässig zu verwerfen, da sie verspätet eingelegt worden ist.

Gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG können die Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids das Rechtsmittel einlegen, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Ist die Berufung nicht gegeben, kann mündliche Verhandlung beantragt werden (§ 105 Abs. 2 Satz 2 SGG). Wahlweise kann aber auch die bei einer Entscheidung durch Urteil statthafte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG) eingelegt werden; von dieser Möglichkeit hat der Kläger Gebrauch gemacht.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils (bzw. Gerichtsbescheids) bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 145 Abs. 1 Satz 2 SGG). Über diese Frist, das Gericht, bei dem die Beschwerde einzulegen ist, und dessen Anschrift hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend belehrt.

Nach dem vom Prozessbevollmächtigten des Klägers unterzeichneten Empfangsbekenntnis wurde diesem der Gerichtsbescheid am 2. August 2010 zugestellt.

Die Frist für die Einlegung der Beschwerde endete daher am 2. September 2010 (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die an das Sozialgericht Berlin gerichtete und dort am 31. August 2010 eingegangene Beschwerdeschrift ist jedoch erst am 6. September 2010 und damit nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Landessozialgericht eingegangen.

Der Eingang der Beschwerde beim Sozialgericht wahrt die Beschwerdefrist nicht. Das Gesetz sieht dies für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung - anders als für die beim Sozialgericht einzulegende “allgemeine„ Beschwerde, die fristwahrend auch beim Landessozialgericht eingelegt werden kann (§ 173 Sätze 1 und 2 SGG) - ebenso wenig vor wie für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 160a Abs. 1 Satz 2 SGG; vgl. auch BSG, Beschluss vom 15. August 2002 - B 3 P 14/02 B - zur Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision beim Landessozialgericht). Dementsprechend ist die Beschwerde nicht fristgemäß eingelegt worden.

Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen ...

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