Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Erwerbsminderung. Berufsunfähigkeit. Autobusfahrer bei den Berliner Verkehrsbetrieben. Verweisbarkeit auf die Tätigkeit eines einfachen Pförtners. Verweisbarkeit eines Omnibusfahrers
Orientierungssatz
1. Kann der Versicherte nur noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten, wobei Arbeiten unter Zeitdruck, in Nachtschicht, bei Hitze, Kälte, Lärm und Schmutz, auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten mit Verantwortung für Menschen ausgeschlossen sind, so besteht bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
2. Ein Facharbeiterabschluss als Berufskraftfahrer setzt regelmäßig eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren voraus. Mit einer solchen Ausbildung kommt eine Einstufung entsprechend dem Mehrstufenschema des BSG als Facharbeiter in Betracht, wenn die konkret ausgeübte Berufstätigkeit anhand ihres Gesamtbildes deutlich anspruchsvoller als die erworbene Ausbildung war. Mit der Berufskraftfahrer-Ausbildungsverordnung vom 19. 4. 2001 ist die Ausbildungsdauer auf nunmehr drei Jahre festgelegt worden.
3. Ist eine besondere Qualifikation des Berufskraftfahrer aufgrund seiner tatsächlich ausgeübten Tätigkeit nicht ersichtlich, so ist ein Omnibusfahrer als allenfalls Angelernter des oberen Bereichs auf Tätigkeiten eines einfachen Pförtners verweisbar. Dabei handelt es sich um eine ungelernte Tätigkeit, die sich durch Qualitätsmerkmale aus dem Kreis einfachster ungelernter Tätigkeiten heraushebt.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juli 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit ab 1. Dezember 2005.
Der 1952 geborene Kläger hatte in der früheren DDR den Beruf des Malers (Facharbeiterzeugnis vom 31. Juli 1970) und den Beruf des Berufskraftfahrers (Facharbeiterzeugnis vom 11. Juli 1975) erlernt. Er war nach einer Tätigkeit als Omnibusfahrer bei den (Ost-)Berliner Verkehrsbetrieben bzw Fahrer für den Direktionsbereich eines DDR-Betriebes zuletzt als Omnibusfahrer bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) vom 13. November 1992 bis zur Feststellung der Fahrdienstuntauglichkeit am 1. Februar 2001 versicherungspflichtig beschäftigt; das Beschäftigungsverhältnis endete durch krankheitsbedingte arbeitgeberseitige Kündigung zum 30. September 2001. Seit Oktober 2001 ist der Kläger arbeitslos. Er absolvierte in der Zeit vom 27. Januar 2003 bis 16. Januar 2004 eine Umschulung zum Hauswart/Concierge (Zeugnis vom 16. Januar 2004). Anschließend bezog er wie bereits in der Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 26. Januar 2003 Arbeitslosengeld bis 25. Juli 2004 (Anspruchserschöpfung). Nach dem erneuten Eintritt ärztlich attestierter Arbeitsunfähigkeit ab 4. Februar 2005 beantragte er im November 2005 die Gewährung von EM-Rente. Rentenrechtliche Zeiten legte der Kläger ab 26. April 2005 nicht mehr zurück (Versicherungsverlauf vom 28. November 2011).
Die Beklagte ließ den Kläger durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für psychotherapeutische Medizin Dr. H untersuchen und begutachten. Dieser Arzt bescheinigte dem Kläger noch ein mehr als sechsstündiges tägliches Leistungsvermögen für körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Arbeitshaltungen ohne Zeitdruck und Nachtschichtarbeiten (Gutachten vom 3. September 2006; Panikstörung mit Agoraphobie, leicht- bis mittelgradige depressive Episode). Mit Bescheid vom 5. Oktober 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Volle bzw teilweise EM bzw teilweise EM bei BU würden nicht vorliegen. Der Kläger könne zwar als Omnibusfahrer nicht mehr arbeiten, sei aber auf die Tätigkeit eines Pförtners verweisbar. Er sei mit Erfolg zum Concierge umgeschult worden.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin Befundberichte der behandelnden Ärzte und Psychologen erstatten lassen, und zwar von Dipl-Psych. W vom 19. November 2007, von der Allgemeinmedizinerin S vom 21. November 2007, von der Fachärztin für Nervenheilkunde H vom 20. November 2007 und von dem Augenarzt Dr. V. Ein Entlassungsbericht des Evangelischen Krankenhauses Königin Elisabeth Herzberge (stationäre Behandlung vom 22. Juni bis 13. Juli 2006) ist beigezogen worden. Das SG hat den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. S als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 3. Juli 2008 (Untersuchung am 19. März 2008) folgende Gesundheitsstörungen des Klägers mitgeteilt: Agoraphobie mit Panikstörung, anamnestisch transitorisch ischämische Attacken und depressive Störung, aktuell jedoch ohne entsprechende Symptomatik....