Entscheidungsstichwort (Thema)

Festbetragsfestsetzung. Arzneimittel. Spitzenverband Bund der Krankenkassen. gesetzlicher Beteiligtenwechsel. einstweiliger Rechtsschutz. Folgenabwägung. Prozessuale Konsequenz einer behördlichen Funktionsnachfolge. Zuständigkeit des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen anstelle der Bundesverbände der Krankenkassen bzgl Festbetragsfestsetzungen

 

Leitsatz (amtlich)

Prozessuale Konsequenz einer behördlichen Funktionsnachfolge (hier: Zuständigkeit der Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen anstelle der Bundesverbände der Krankenkassen bezüglich der Festbetragsfestsetzung für Arznei- und Verbandmittel) ist auch bei reinen Anfechtungsklagen ein Parteiwechsel kraft Gesetzes. Anfechtungsbegehren sind daher seit dem 1. Juli 2008 gegen den Spitzenverband Bund der Krankenkassen zu richten.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1) und die nach dem 15. Oktober 2008 entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 8) tragen diese selbst.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 2.500.000,- € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegenüber einer Festbetragsfestsetzung durch die Beigeladenen zu 2) bis 8).

Die Antragsstellerin ist ein Pharmaunternehmen mit Sitz in . Ihr umsatzstärkstes Arzneimittel ist nach eigenen Angaben Nebilet, ein Arzneimittel mit Beta-1-Selektivität, das für die Behandlung der essentiellen Hypertonie und der chronischen Herzinsuffizienz zugelassen ist. Nebilet ist nach Auffassung der Antragstellerin patentgeschützt und enthält als Wirkstoff das Enantiomer-Gemisch Nebivolol als Nebivololhydrochlorid, bestehend zu 2,5 mg SRRR-Nebivolol (oder D-Nebivolol) und zu 2,5 mg RSSS-Nebivolol (oder L-Nebivolol). Die Antragstellerin ist Inhaberin der arzneimittelrechtlichen Zulassung für Nebilet in Deutschland und vermarktet das Präparat auf der Grundlage einer Lizenz der Patentinhaberin J aus B (europäisches Patent 0, vom Deutschen Patent- und Markenamt geführt unter DE ). Auf der Grundlage dieses Patents wurde der Patentinhaberin vom Deutschen Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 18. März 2003 das ergänzende Schutzzertifikat DE für den Wirkstoff des ebenfalls Nebivolol enthaltenden Arzneimittels Hypoloc mit einer Laufzeit vom 17. März 2009 bis 18. Oktober 2010 erteilt. Mit Urteil vom 18. März 2008, Az.: 3 Ni 25/06 (EU), hat das Bundespatentgericht das Europäische Patent 0 (DE ) überwiegend und das ergänzende Schutzzertifikat DE für vollständig nichtig erklärt; über die hiergegen gerichtete Berufung hat der Bundesgerichtshof - BGH - (Az.: X ZR 88/08) noch nicht entschieden.

Auf der Grundlage eines Beschlusses des Beigeladenen zu 1) vom 19. April 2007 (BAnz. S. 6396 vom 26. Juni 2007) haben die Beigeladenen zu 2) bis 8) unter dem 26. Oktober 2007 für Beta-Rezeptorenblocker Festbeträge neu festgelegt. Im vorliegenden Fall geht es um die Festbetragsgruppe 3. In dieser Festbetragsgruppe 3 ist durch den o.g. Beschluss des Beigeladenen zu 1) neben den Beta-Rezeptorenblockern mit den Wirkstoffen Acebutolol, Betaxolol, Bisoprolol, Celiprolol, Metoprolol und Talinolol auch das in Nebilet enthaltene Enantiomer-Gemisch Nebivolol (Nebivololhydrochlorid) eingeordnet worden. Es handelt sich um eine Festbetragsgruppenbildung der Stufe 2 (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -). Der Festbetragsbeschluss ist im Bundesanzeiger 205 vom 3. November 2007 am 5. November 2007 bekannt gemacht worden. Mit ihrer am 30. November 2007 vor dem Sozialgericht Berlin (Az.: S 111 KR 3213/07) erhobenen Klage, über die das Sozialgericht noch nicht entschieden hat, begehrt die Antragstellerin die Aufhebung der o.g. Festbetragsfestsetzung für Nebilet.

Darüber hinaus hat die Antragstellerin am 15. Januar 2008 vor dem Sozialgericht Berlin Eilrechtsschutz begehrt mit dem Ziel, die aufschiebende Wirkung der o.g. Klage anordnen zu lassen.

Die Antragstellerin hält sich für antragsbefugt, weil sie durch die angegriffene Festbetragsfestsetzung in dreifacher Weise benachteiligt werde: Zum einen sei Nebivolol fälschlicherweise in die Festbetragsgruppe 3 eingeordnet worden; zum zweiten sei der hierfür festgesetzte Festbetrag zu gering; zum dritten erhielten andere Wettbewerber, die herkömmliche Beta-Rezeptorenblocker vermarkteten, höhere Festbeträge, obwohl diese Betablocker therapeutisch schlechter und die Nebenwirkungen größer seien.

Die Antragstellerin ist ferner der Auffassung, die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB V für die Einordnung von Nebivolol in die Festbetragsgruppe 3 lägen nicht vor. Sie beruft sich hierfür u. a. auf ein von ihr in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten von Prof. Dr. H S. Die Antragstellerin begründet ihre Rechtsauffassung im Wesentlichen wie folgt:

1. Nebivolol sei nicht mit den anderen in die Festbetrag...

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