Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweiliger Rechtsschutz. Bescheid nach § 66 SGB 1. Anordnungsanspruch. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. eheähnliche Gemeinschaft. Indiz
Orientierungssatz
1. Das Gericht iS des § 86b Abs 2 SGG ist nicht gehindert, auch dann über das Bestehen eines Anordnungsanspruchs (also den materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz gesucht wird) zu entscheiden, wenn die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit einem auf § 66 SGB 1 gestützten Bescheid versagt oder die Weiterbewilligung eingestellt wurde. Dies kann allerdings nur gelten, wenn dieser auf § 66 SGB 1 gestützte Bescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist.
2. Zum Vorliegen ausreichender Anhaltspunkte für eine eheähnliche Gemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB 2.
Tatbestand
Der Antragsteller begehrt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.
Der Antragsteller wohnt mit Frau C. S. (im folgenden Frau S.) in einer 60 m² großen 3- Zimmerwohnung mit einer Küche und einem Bad. Er trat im Jahre 2001 in das diesbezügliche Mietverhältnis ein.
Auf seinen Antrag vom 27. September 2004 bewilligte ihm die Antragsgegnerin zunächst Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bescheid vom 09. Dezember 2004) für die Zeit bis 30. Juni 2005. Auf Nachfrage der Antragsgegnerin erklärte der Kläger unter dem 20. Mai 2005 schriftlich, dass er im März 2001 bei Frau S. eingezogen sei und über deren Einkünfte und Vermögen keine Auskünfte geben könne. Frau S. machte mit einem Schreiben vom 20. Mai 2005 gegenüber der Antragsgegnerin keine Angaben hinsichtlich ihrer Einkünfte und ihres Vermögens. Der Antragsteller und Frau S. erschienen am 24. Juni 2005 zu einer persönlichen Vorstellung bei der Antragsgegnerin; diesbezüglich wird Bezug genommen auf den von Frau S. unterschriebenen Aktenvermerk Blatt 28 der Verwaltungsakte. Ebenfalls am 24. Juni 2005 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit Schreiben vom 25. Juni 2005 erklärte Frau S. erneut, dass zwischen ihr und dem Antragsteller keine eheähnliche Gemeinschaft bestehe und nannte als Begründung das Nichtvorliegen der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft. Einen Hausbesuch lies Frau S. nicht zu. Sie erklärte lediglich die Wohnung sei “normal" eingerichtet.
Die Antragsgegnerin lehnte daraufhin den Antrag auf Fortzahlung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ab (Bescheid vom 07. September 2005). Sie stützte diesen Bescheid auf § 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Hiergegen erhob der Antragsteller am 14. September 2005 Widerspruch: Er könne keine Angaben zum Einkommen und Vermögen von Frau S. machen.
Bereits am 15. Juli 2005 hat der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Neuruppin beantragt. In einer von ihm und Frau S. unterzeichneten “eidesstattlichen Versicherung" vom 15. Juli 2005 wird u.a. erklärt, dass man wirtschaftlich vollkommen selbständig sei. Er habe keinen Zugriff auf die Finanzen der Frau S. und erhalte von ihr auch keine freiwilligen Leistungen. Vorgelegt wurde ein Darlehensvertrag, nachdem Frau S. dem Antragsteller ein Darlehen von monatlich 199,40 € gewährt, was den monatlichen anteiligen Kosten für Miete und Nebenkosten entspricht. Es werde ein Zinssatz von 10 % vereinbart.
Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 22. August 2005 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Zwischen dem Antragsteller und Frau S. bestehe nach summarischer Prüfung eine eheähnliche Lebensgemeinschaft. Zwar trage die Antragsgegnerin die objektive Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft, diese sei allerdings eingeschränkt, wenn nach der Lebenserfahrung ein Schluss auf bestimmte Tatsachen nahe liege und sich der Antragsteller darauf beschränke, in seiner Sphäre liegende Tatsachen pauschal zu bestreiten. Darüber hinaus sei auch ein Anordnungsgrund nicht gegeben, da nach den vorliegenden Unterlagen dem Antragsteller eine Lebensversicherung ausgezahlt worden sei und er darüber hinaus Gutschriften auf seinem Konto verbuchen könne.
Der gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 26. August 2005 zugestellten Beschluss eingelegten Beschwerde vom 22. September 2005 hat das Sozialgericht nicht abgeholfen. Mit dieser wird weiterhin das Nichtvorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft vorgetragen und darüber hinaus erklärt, dass der Betrag von 4096,92 € aus dem Rückkauf der Lebensversicherung in Höhe von 3.000,00 € für die Rückzahlung eines Darlehens verwendet worden sei. Vorgelegt wurde diesbezüglich ein Darlehensvertrag zwischen dem Antragsteller und Frau S. vom 11. Oktober 2004, nach dem Frau S. dem Antragsteller einen zinslosen Kredit in Höhe von 3.000, 00 € “ausschließlich zum Kauf eines Autos" gewährt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den son...