Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. volkseigener Außenhandelsbetrieb

 

Orientierungssatz

1. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. 6. 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte.

2. Eine Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz setzt u. a. die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie, des Bauwesens oder einem gleichgestellten Betrieb voraus. Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp wird durch die drei Merkmale Betrieb, volkseigen und Produktion gekennzeichnet.

3. Bestanden im Gesamtbetrieb mehrere selbständige juristische Personen, so kann der Beschäftigungsbetrieb des Betroffenen allein danach bestimmt werden, mit welcher dieser juristischen Personen ein Beschäftigungsverhältnis vorlag. Dessen jeweiliger Betriebszweck ist für die Zuordnung maßgeblich.

4. Der volkseigene Außenhandelsbetrieb Elektrotechnik Export-Import war kein Produktions-, sondern ein Dienstleistungsbetrieb. Ohne Bedeutung ist, welchem Ministerium der VEB unterstellt war.

5. Der VEB Elektrotechnik Export-Import war auch kein einem Produktionsbetrieb gleichgestellter Betrieb. Eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Versorgungssysteme getroffenen Entscheidungen der DDR ist bundesrechtlich nicht erlaubt.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) für die Zeit vom 01. September 1980 bis 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.

Der 1954 geborene Kläger ist Ingenieur (Urkunde der Ingenieurschule für Bergbau und Energetik “Ernst Thälmann„ S vom 23. Juli 1980).

Der Kläger arbeitete vom 01. September 1980 bis 31. Oktober 1981 als Preisökonom, vom 01. November 1981 bis 31. Juli 1983 als Exportkaufmann und vom 01. August 1983 bis 30. Juni 1990 als Objektverantwortlicher (Exportkaufmann) beim volkseigenen Außenhandelsbetrieb (VE AHB) Elektrotechnik Export-Import.

Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat er nicht bei.

Im Mai 2004 beantragte der Kläger, die streitige Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zur AVtI festzustellen.

Mit Bescheid vom 28. Juni 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre, nämlich in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb.

Den dagegen am 29. September 2004 eingelegten Widerspruch behandelte die Beklagte als Überprüfungsantrag und erteilte den Bescheid vom 18. Oktober 2004, mit dem sie die Rücknahme des Bescheides vom 28. Juni 2004 mangels Rechtswidrigkeit ablehnte.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei aufgrund einer Übernahmevereinbarung mit dem Rechtsnachfolger des VEB “...„ D seit dem 01. September 1980 bei diesem VEB angestellt gewesen. Dieser sei Arbeitgeber gewesen; auf den Beschäftigungsbetrieb im tatsächlichen Sinne komme es nicht an (Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R).

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Der VE AHB Elektrotechnik Export-Import sei der Wirtschaftsgruppe 51110 (Außenhandel) zugeordnet gewesen, so dass es sich nicht um einen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) gehandelt habe. Der Anstellungsvertrag mit dem Rechtsnachfolger (AEG D) sei erst am 09. Januar 1992 geschlossen worden.

Dagegen hat der Kläger am 05. Juli 2005 beim Sozialgericht Berlin Klage erhoben und vorgetragen:

Seit dem 01. September 1980 sei er ununterbrochen für den VEB “...„, der als Kombinatsbetrieb dem VEB B angehört habe, tätig geworden. Zur Produktionspalette dieses Betriebes habe die Herstellung von komplexen Energieanlagen sowie deren Errichtung und Inbetriebnahme in der DDR und im Ausland gehört. Er habe im streitigen Zeitraum den Aufbau und die Inbetriebnahme von 60 Umspannwerken im I in der Region T und 5 Umspannwerken in der Farse-Region durchgeführt und verantwortlich technisch geleitet. Ein alleiniges Abstellen auf die formale Anstellung des Klägers beim VE verstelle die ...

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