Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung für Behandlung am Toten Meer. fehlende Verordnung für Rehabilitationsmaßnahme. Vorliegen einer stationären oder ambulanten Behandlung
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Notwendigkeit einer vertragsärztlichen Verordnung und den Anforderungen an diese Verordnung und an den verordnenden Arzt nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (Rehabilitations-Richtlinien - RehaRL = juris RehabRL) nach § 92 Abs 1 S 2 Nr 8 SGB 5 vom 16.3.2004.
2. Stellt der Vertragsarzt eine medizinische Indikation für eine Rehabilitation fest, hat er diese gem § 6 Abs 3 RehaRL mit Zustimmung des Versicherten auf dem ihm zur Verfügung stehenden Vordruck gem Anlage 2 RehaRL zu verordnen. Die Verordnung setzt voraus, dass der Vertragsarzt die Rehabilitationsbedürftigkeit, die Rehabilitationsfähigkeit und eine positive Rehabilitationsprognose auf der Grundlage realistischer, für den Versicherten alltagsrelevanter Rehabilitationsziele feststellt und dokumentiert. Nach § 12 Abs 1 S 1 RehaRL darf die Krankenkasse die beantragte Rehabilitationsmaßnahme nur bewilligen, wenn die vorgenannte Verordnung auf dem hierfür vorgesehenen Vordruck vorliegt.
3. Fehlt im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung einer Leistung die erforderliche vertragsärztliche Verordnung, kann diese nicht nachgeholt werden und der Anspruch ist endgültig ausgeschlossen.
4. Hat ein Versicherter in Israel in einem Hotel gewohnt und die Leistungen außerhalb des Hotels in einer medizinischen Einrichtung erhalten, hat er keine stationäre, sondern allenfalls ambulante medizinische Rehabilitationsleistungen in Anspruch genommen (vgl. die Definition der stationären Rehabilitation in § 40 Abs 2 SGB 5).
5. Will ein Versicherter gegenüber seiner Krankenkasse einen Anspruch auf Kostenerstattung für selbstbeschaffte Kosten einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme geltend machen, muss er bei seiner Krankenkasse einen entsprechenden Antrag stellen und die Bescheidung durch die Krankenkasse abwarten, bevor er sich die Leistung selbst beschafft; die Beantragung und Bescheidung anderer, zB stationärer Leistungen, reicht hierfür nicht aus.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten für einen sechswöchigen Aufenthalt des Klägers und einer Begleitperson am Toten Meer in Israel.
Der 1937 geborene Kläger war vom 1. November 2004 bis zum 30. April 2006 krankenversichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse. Er leidet u.a. an einem Lichen ruber planus, einer Follikulitis mit Furunkeln, einer Spinalstenose, degenerativen Veränderungen des gesamten Stütz- und Bewegungsapparates, einer Kleinhirninsuffizienz nach traumatischer Kleinhirnblutung mit schwerer Geh- und Gleichgewichtsbehinderung, einer chronischen obstruktiven Bronchitis, Funktionseinschränkungen beider Schultergelenke nach mehrfachen Rotatorenmanschettenrupturen beidseits, einer Adipositas und einer Hypertonie. Er ist auf einen Rollstuhl angewiesen und erhält Leistungen der Pflegestufe II nach dem Sozialgesetzbuch Elftes Buch (Pflegeversicherung, SGB XI).
Mit Schreiben vom 5. Januar 2005 beantragte er bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine stationäre Rehabilitationsleistung am Toten Meer in Israel und fügte zur näheren Begründung auf einem Vordruck der Beklagten eine Bescheinigung seiner behandelnden Hautärztin C S vom 6. Januar 2005 sowie einen ergänzenden ärztlichen Bericht dieser Ärztin vom selben Tag bei, in denen diese eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer wegen der vorgenannten Erkrankungen und zur allgemeinen Stabilisierung des Gesundheitszustandes des Klägers sowie im Hinblick auf eine erfolgreiche frühere Rehabilitationsmaßnahme am Toten Meer im Jahre 2004 für dringend erforderlich hielt. Der Kläger reiste vom 20. März bis zum 1. Mai 2005 zur Klimaheilbehandlung ans Tote Meer in Israel. Er bewohnte mit einer Begleitperson zwei Einzelzimmer im S M D S Hotel und wurde im E M Center behandelt. Dieses veranlasste eine kontrollierte Sonnenbestrahlung, Bäder im Toten Meer, den Einsatz von Fett- und Feuchtigkeitscremes, Salben und Tabletten zur Hautbehandlung, Schlammpackungen und Massagen. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von insgesamt 10.076,00 €.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 24. Januar 2005, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 21. März 2005, im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Voraussetzungen für eine Kostenerstattung schon deshalb nicht vorlägen, weil eine ambulante Behandlung ausreichend gewesen wäre und es zudem an dringenden medizinischen Gründen für eine stationäre Rehabilitationsleistung vor Ablauf von vier Jahren nach der zuletzt zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßn...