Entscheidungsstichwort (Thema)
Hilfsmittel. ärztliches Behandlungskonzept. neue Behandlungsmethode. keine Empfehlung durch den GBA. Erforderlichkeit der Empfehlung offengelassen. Folgenabwägung. Alternativversorgung vorhanden. Innowalk® small
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. November 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 15. November 2018 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat seinen Antrag, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihn mit einem Bewegungstrainer “Innowalk® small„ der Firma M f M als Leihgerät für sechs Monate zu versorgen, im Ergebnis rechtsfehlerfrei abgelehnt.
Ein Anordnungsanspruch lässt sich mit der für das einstweilige Rechtsschutzverfahren erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit derzeit nicht feststellen (vgl. § 86b Abs. 2 Sätze 2 und 4 i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Nach § 33 Sozialgesetzbuch/ Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative), einer drohenden Behinderung vorzubeugen (2. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (3. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Zutreffend hat das Sozialgericht dargelegt, dass es sich bei dem begehrten “Innowalk® small„ um ein Hilfsmittel handelt. Er wird zu medizinischen Zwecken eingesetzt und ist kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens.
Bei dem begehrten Hilfsmittel handelt es sich nicht um ein solches, dass erforderlich ist, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen. Ebenso ist es entgegen der Ansicht des Antragstellers kein Hilfsmittel, das im Wesentlichen dem Behinderungsausgleich dient. Ziel der Hilfsmittelversorgung zum Zwecke des Behinderungsausgleichs ist es, die direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen. Bei dem Ausgleich einer Behinderung im Sinne vom § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist zwischen einem unmittelbaren und einem mittelbaren Behinderungsausgleich zu unterscheiden. Beim unmittelbaren Behinderungsausgleich dient das Hilfsmittel unmittelbar dem Ausgleich der ausgefallenen oder beeinträchtigten Körperfunktionen selbst, während im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleiches das Hilfsmittel zum Ausgleich der direkten oder indirekten Behinderungsfolgen eingesetzt wird (BSG, Urteile vom 30. September 2015, B 3 KR 14/14 R und vom 15. März 2018, B 3 KR 18/17 R, jeweils juris). Der “Innowalk® small„ hat nicht zum Ziel, den Ausfall der Körperfunktionen des Antragstellers (Gehen, Stehen, Sitzen) zu beseitigen bzw. zu mildern. Zwar ermöglicht der “Innowalk® small„ eine Vertikalisierung des Antragstellers, jedoch ist dies nicht der Hauptzweck des Hilfsmittels. Vielmehr dient die Vertikalisierung nur der mit dem Hilfsmittel beabsichtigten Einübung einer korrekten Gehbewegung sowie des Aufbaus und der Kräftigung der hierfür benötigten Muskulatur. Für den Zweck des Ausgleichs der fehlenden Körperfunktion “Stehen„ ist der “Innowalk® small„ zudem nicht erforderlich, denn dem Antragsteller steht hierfür bereits eine Stehhilfe (“Liegebär Lasse„) zur Verfügung. Auch wird damit nicht die Körperfunktion des Gehens ausgeglichen, da sich der Antragsteller mit dem Hilfsmittel nicht tatsächlich fortbewegen kann; dieses verbleibt vielmehr während des Einübens der Gehbewegung statisch an seinem Ort. Zwar ist zuzugeben, dass der “Innowalk® small„ im Rahmen seines Einsatzes - trotz der damit lediglich ermöglichten gleichförmigen Bewegung am Platz - in gewisser Weise dem kindlichen Bewegungsdrang Rechnung tragen kann, jedoch ist auch dies nicht der wesentliche Einsatzgrund des Hilfsmittels beim Antragsteller. Vielmehr ist das Ziel der Hilfsmittelverordnung, wie bereits dargelegt, die Einübung des Bewegungsablaufs des Gehens und der Aufbau und die Kräftigung der hierfür erforderlichen Muskulatur in den Füßen, Beinen und vor allem auch im Rumpf. Für diesen Zweck steht dem Antragsteller bereits ein Gehgerät zur Verfügung steht, welches seinem Bewegungsdrang auch im Sinne einer tatsächlichen Fortbewegung Rechnung tragen kann und damit darüber hinaus (anders als der “Innowalk® small„) auch dem kindlichen Forscher- und Entdeckerdrang dient. Der Behinderungsausgleich steht bei dem begehrten Hilfsmittel nur im Hintergrund; er ist Nebenfolge des eigentlich angestrebten Ziels der Sicherung des Erfolges einer Krankenbehandlung im Sinne von § 33 Abs. 1 Variante 1 SGB V. Hiervon werden auch solche Hilfsmittel umfasst, mit denen ein therapeutischer Erfolg erst angestrebt wird; der Erfolg muss mithin nicht schon vor...