Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit
Orientierungssatz
Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit berechtigen, abgelehnt werden. Es muss ein Grund vorliegen, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nicht entscheidend ist, ob er tatsächlich befangen ist; vielmehr kommt es nur darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist unbegründet, da das Sozialgericht mit dem angegriffenen Beschluss dessen Gesuch, den Sachverständigen Dr. B wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zu Recht abgewiesen hat.
Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit berechtigen, abgelehnt werden (§ 118 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] in Verbindung mit § 406 Abs. 1 Zivilprozessordnung [ZPO]). Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit hat das Gericht auszusprechen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen in die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Auf den Sachverständigen übertragen bedeutet das, dass ein Grund vorliegen muss, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Nicht entscheidend ist, ob er tatsächlich befangen ist; vielmehr kommt es nur darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftigem Überlegen Bedenken gegen die Unparteilichkeit haben kann.
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die von dem Kläger mit seinem Antrag vorgebrachte Begründung rechtfertigt kein Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Gutachters Dr. B. Insofern wird zunächst auf die ausführliche Begründung des Sozialgerichts Berlin im Beschluss vom 21. Dezember 2011 Bezug genommen, der sich der Senat anschließt, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der mit der Beschwerde zusätzlich vorgetragenen Argumentation. Der Kläger macht insoweit geltend, dass jedenfalls nach dem Telefax des Klägers und dem nachfolgenden Ablehnungsverfahren mit Anhörung des Sachverständigen nunmehr davon auszugehen sei, dass sich Dr. B mit seinem Kollegen ausgetauscht habe und Kenntnis von der Person des Klägers und dem Sachverhalt haben könnte sowie dem Kläger diesen Vorfall nachtragen und unsachgemäße Erwägungen in seine Begutachtung einstellen könnte. Dies kann schon aufgrund der Tatsache, dass eine solche Unstimmigkeit nicht wesentlich und erheblich dem Sachverständigen anzulasten wäre, keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen (vgl. insofern zur Richterablehnung Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage § 60 Rdnr. 8i). Zudem handelt es sich bei dem Vorbringen um nicht glaubhaft gemachte (§ 406 Abs. 3 ZPO) Mutmaßungen, denen nach wie vor die Äußerung des Sachverständigen Dr. B 05. Dezember 2011 entgegensteht. Diese hat der Sachverständige abgegeben, nachdem er aufgrund des Telefaxschreibens des Klägers sowie des ihm übermittelten Schriftsatzes vom 08. November 2011 bereits Kenntnis von der vorangegangenen Begutachtung und der Strafanzeige gegen seinen Kollegen M sowie dem nunmehr gegen ihn gestellten Befangenheitsgesuch hatte. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Inhalt der Äußerung nunmehr keine Gültigkeit mehr hat.
Danach war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, da Erfolgsaussichten der Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. Dezember 2011 im Sinne von hinreichenden Erfolgsaussichten nach dem Maßstab des § 73 a SGG i.V.m. § 114 ZPO nicht erkennbar waren.
Die entsprechend § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG zu treffende Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Beschwerde keinen Erfolg hat.
Dieser Beschluss ist insgesamt unanfechtbar (§ 177 SGG).
Fundstellen