Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem. Altersversorgung der technischen Intelligenz. Forschungsinstitut. Forschungszentrum für Bodenfruchtbarkeit Müncheberg. Personeller Anwendungsbereich des AAÜG

 

Orientierungssatz

1. Das AAÜG ist nur auf Personen anwendbar, die am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, einen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte.

2. § 1 Abs. 1 AAÜG ist im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (Anschluss: BSG, 2002-04-09, B 4 RA 31/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 2, 2002-04-09, B 4 RA 3/02 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 7, 2002-04-10, B 4 RA 18/01 R, SozR 3-8570 § 1 Nr 8).

3. Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Zusatzversorgungssystem vorgesehen war (Anschluss: BSG, 2003-12-18, B 4 RA 18/03 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 1; 2004-10-26, B 4 RA 23/04 R, SozR 4-8570 § 1 Nr 6).

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 1. September 1978 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.

Die 1957 geborene Klägerin erwarb in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nach einem Besuch der Ingenieurschule für Chemie B das Recht, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ zu führen (Urkunde vom 14. Juli 1978). Sie war ab 1. September 1978 im Forschungszentrum für Bodenfruchtbarkeit M (im Folgenden: FZB) der Akademie der Landwirtschaftswissenschaften (AdL) der DDR als “Chemieingenieur„ (bis 12. Februar 1989) bzw. als “Mitarbeiter für Weiterbildung der Kader„ (Änderungsvertrag vom 17. Februar 1989) versicherungspflichtig beschäftigt. Mit Wirkung vom 1. Juli 1989 war die Klägerin der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte sie nicht erhalten.

Mit Bescheid vom 7. April/30. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. April 2004 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG ab mit der Begründung, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 keine ingenieurtechnische Tätigkeit ausgeübt habe.

Das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder) hat die auf Vormerkung der Beschäftigungszeiten vom 1. September 1978 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gerichtete Klage mit Urteil vom 25. Oktober 2007 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vormerkung der geltend gemachten Zugehörigkeitszeiten nebst den insoweit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelten. Das AAÜG sei auf die Klägerin nach § 1 Abs. 1 AAÜG nicht anwendbar. Die betrieblichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI; Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) seien am Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht erfüllt. Denn die Klägerin sei an diesem Tag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen, insbesondere nicht in einem Forschungsinstitut i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. Nr. 62 S. 487) zur Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844). Beim FZB habe es sich um ein zur AdL gehörendes staatliches Forschungsinstitut mit dem Forschungsgegenstand der landwirtschaftlichen Urproduktion gehandelt und nicht um ein der AVTI unterfallendes Forschungsinstitut einer Wirtschaftseinheit mit Bezug zur industriellen Produktion. Die Klägerin erfülle auch nicht die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die Altersversorgung der Intelligenz (AVI; Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG) nach § 1 der Verordnung über die AVI an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR vom 12. Juli 1952 (AVI-VO; GBl. S. 675). Denn ihre Tätigkeit werde von den dort bezeichneten nicht erfasst. Schließlich stehe einer Einbeziehung in das Zusatzversorgun...

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